Dennis Odukoya, Hella Von Unger, Penelope Scott, München
Screening auf HIV und Tuberkulose bei Migrant/innen in Deutschland und Großbritannien

Das Screening von Migrant/innen auf Infektionskrankheiten ist eine gängige Praxis in Staaten der Europäischen Union. Auf welche Infektionskrankheiten dabei getestet wird und welche Personengruppen von diesen Maßnahmen betroffen sind, unterscheidet sich zwischen den jeweiligen nationalen Kontexten.

Die gesundheitliche Erstuntersuchung von Asylbewerber/innen in Deutschland umfasst sowohl die Testung auf Tuberkulose sowie teilweise eine verpflichtende Testung auf HIV. In Großbritannien wurde demgegenüber während der vergangenen zehn Jahre ein Verfahren etabliert, das Migrant/innen dazu verpflichtet, sich bereits vor ihrer Einreise auf Tuberkulose testen zu lassen. Dieses Vorgehen wird sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien kontrovers diskutiert. Der folgende Beitrag vergleicht das Screening von Migrant/innen auf Tuberkulose und HIV in Deutschland und Großbritannien und diskutiert die politischen Hintergründe sowie Implikationen.

Methoden

Die vorliegende Untersuchung ist Teil eines umfangreicheren, durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsprojekts. Das Projekt „Kategorien im Wandel“ untersuchte die Kategorisierung von Migrant/innen bzw. „ethnischen Minderheiten“ in der Gesundheitsberichterstattung zu HIV/Aids und Tuberkulose in Deutschland und UK als diskursive Praxis.

Methodologisch orientierten wir uns am Forschungsprogramm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse (WDA). Im vorliegenden Fall gingen wir von der Frage aus, ob die systematische Untersuchung von Migrant/innen auf übertragbare Infektionskrankheiten als Effekt der von uns analysierten Diskurse innerhalb der Gesundheitswissenschaften zu verstehen ist. Ein zentraler Begriff zur Beschreibung des Verhältnisses von Diskursen und Praktiken ist der des Dispositivs, welcher „das Gesamt der materiellen, handlungspraktischen, personellen, kognitiven und normativen Infrastruktur der Produktion eines Diskurses und der Umsetzung seiner angebotenen ‚Problemlösung‘ in einem spezifischen Praxisfeld“ beschreibt.

Der Datenkorpus des übergreifenden Projekts besteht aus über 500 Dokumenten der Gesundheitsberichterstattung zu HIV/Aids und Tuberkulose in beiden Ländern, Interviews mit Expert/innen aus dem Bereich Public Health und Prävention, sowie Feldnotizen zu diversen Fachtagungen und Konferenzen.

Screening in Deutschland

In Deutschland sind in erster Linie Asylbewerber/innen von Screenings auf Infektionskrankheiten betroffen. Die rechtliche Grundlage hierfür ergibt sich aus §36 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und §62 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG). Im AsylVfG heißt es hierzu: „Ausländer, die in einer Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen haben, sind verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane zu dulden.“ Diese gesundheitliche Erstuntersuchung1 erfolgt in den ersten Tagen nach der Unterbringung in der Erstaufnahmeeinrichtung, bevor die betroffene Person eine Unterkunft zugewiesen bekommt, in der sie für die Dauer des Asylverfahrens untergebracht ist. Im Jahr 2014 waren bundesweit insgesamt 173.0722 Personen von dieser Maßnahme betroffen. Art und Umfang der Untersuchung sind, bis auf die explizite Nennung der Röntgenaufnahme der Atmungsorgane, nicht weiter definiert und werden von den zuständigen Landesbehörden bestimmt. Maßgeblich hierfür sind die jeweiligen Vollzugsvorschriften zum §62 AsylVfG. Während eine Untersuchung auf eine offene Lungentuberkulose in allen Bundesländern vorgenommen wird, fanden systematische Testungen auf HIV 2014 nur in Bayern und Sachsen statt. In Bayern betraf dies 25.6673, in Sachsen 6.0304 Personen. Andere Bundesländer sahen demgegenüber in ihren jeweiligen Vollzugsvorschriften keine verpflichtende Testung auf HIV vor bzw. beschränkten sich auf ein freiwilliges Testangebot. In Sachsen wurde HIV mittlerweile aus dem Katalog der zu testenden Infektionskrankheiten gestrichen.5

Diskrepanz zu nationalen und internationalen Empfehlungen

Die gesundheitliche Erstuntersuchung im Rahmen des Asylverfahrens, die lediglich die Testung auf übertragbare Krankheiten vorsieht, wird von einigen Gesundheitsexperten und Praktiker/innen der Prävention durchaus kritisch betrachtet. Besonders deutlich manifestiert sich die Kritik gegenüber der verpflichtenden Testung auf HIV. Diese Praxis steht im Widerspruch zu nationalen und internationalen Empfehlungen. Zuletzt hatten WHO und UNAIDS 2012 in einem gemeinsamen Statement erneut ihre Ablehnung einer verpflichtenden bzw. zwangsweisen Testung auf HIV bekräftigt und politische Entscheidungsträger zu einer Revision gegenläufiger Praktiken aufgefordert. Zudem wird immer wieder betont, dass die Teilnahme an einem HIV-Test nicht nur mit der freiwilligen Zustimmung der Betroffenen erfolgen, sondern darüber hinaus auch mit einer adäquaten Beratung einhergehen muss. Nur wer umfassend darüber aufgeklärt wird, auf was getestet wird, wie der Prozess ablaufen wird und welche Konsequenzen bzw. Therapiemöglichkeiten mit einem positiven oder negativen Testergebnis verbunden sein können, kann ein informiertes Einverständnis geben. So weist Zahra Mohammadzadeh ausdrücklich darauf hin, dass Freiwilligkeit nur als „informierte Freiwilligkeit“ verstanden werden kann. Demgegenüber berichten Praktiker/innen der Prävention, dass die Betroffenen weder vor noch während der entsprechenden Untersuchungen darüber informiert werden, auf welche Krankheiten getestet wird. Eine verpflichtende Testung, die zudem ohne eine angemessene Beratung der Betroffenen erfolgt, wird von vielen Beobachter/innen als rechtlich unzulässig angesehen, da sie einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Getesteten darstellt. Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) macht deutlich, dass dies auch dann gilt, wenn Asylbewerber/innen „unter Druck ihr Einverständnis erklären“. Dass die eingehende Beratung durch ärztliches Personal in der Praxis durch andere betreuende Personen oder Informationsbroschüren ersetzt wird, wird als für das informierte Einverständnis unzureichend abgelehnt. Negative Testergebnisse, so eine weitere Kritik seitens der Praktiker/innen der Prävention, werden den Untersuchten nicht mitgeteilt. Dies steht ebenfalls in einem eklatanten Widerspruch zu den Empfehlungen der WHO und UNAIDS.

Schreckgespenst Tuberkulose
Schreckgespenst Tuberkulose
@aids-images.ch

Schließlich würde der Verweis auf epidemiologische Daten zur HIV-Prävalenz in den jeweiligen Herkunftsländern keine ausreichende Legitimationsgrundlage für die Durchführung systematischer Testungen bieten, da die tatsächlichen Zahlen6 zu HIV-Infektionen bei getesteten Personen zeigten, dass von den Infektionsraten in den Herkunftsländern nicht ohne weiteres auf eine überproportionale Betroffenheit der Asylbewerber/innen und Flüchtlinge geschlossen werden könne. Rolf Rosenbrock macht deutlich, dass unter solchen Voraussetzungen eine systematische Testung auf HIV nicht nur aus ethischen Gründen abzulehnen ist, sondern auch unter technischen Gesichtspunkten wenig sinnvoll erscheint: „Zudem sprechen Defizite in der Sensitivität (Risiko für falsch negative Befunde) und Spezifität (Risiko für falsch positive Befunde) gegen Massenscreenings: je geringer die Prävalenz in einer Population, desto geringer auch der prognostische Wert des Tests und des Screenings, desto höher der Anteil falsch positiver Befunde“.

Pre-entry Screenings inGroßbritannien

In Großbritannien finden grundsätzlich keine systematischen Testungen von Migrant/innen auf HIV statt. Allerdings müssen sich sowohl Asylsuchende als auch Staatsangehörige zahlreicher außereuropäischer Länder bereits vor ihrer Einreise nach Großbritannien auf eine offene Lungentuberkulose untersuchen lassen. Diese Verfahrensweise des so genannten pre-entry screening wurde bereits 2005 im Rahmen einer Pilotstudie mit fünfzehn Staaten getestet, die zu dieser Zeit eine besonders hohe Tuberkuloseinzidenz aufwiesen. Das Verfahren wurde schließlich stufenweise ausgeweitet, sodass sich heute Migrant/innen aus 101 Ländern in speziell hierfür autorisierten Kliniken in den jeweiligen Herkunftsländern auf Tuberkulose untersuchen lassen müssen, sofern sie sich für ein Visum mit einer Gültigkeit von mehr als sechs Monaten bewerben möchten. Im Jahr 2014 haben sich auf diese Weise insgesamt 233.251 Personen auf Tuberkulose testen lassen um eine Genehmigung zur Einreise nach Großbritannien zu erhalten. Bei der Konzeption und Umsetzung dieser Verfahrensweise orientierten sich die britischen Behörden an ähnlichen Programmen, die zuvor bereits von den USA, Kanada, Neuseeland und Australien eingeführt wurden. Diese Staaten hatten, in Zusammenarbeit mit der International Organisation for Migration (IOM), entsprechende Infrastrukturen in den jeweiligen Herkunftsländern aufgebaut, die eine systematische Untersuchung von Migrant/innen auf Tuberkulose ermöglichen sollten und nun auch im Rahmen des britischen Programms genutzt werden. Bisherige Verfahrensweisen, die abhängig von Migrationsstatus und Einreiseweg, auch eine Testung bei bzw. nach der Einreise vorsahen, wurden nun vollständig durch das pre-entry screening ersetzt.

Effektivität und Effizienz

Das britische Programm des pre-entry screening von Migrant/innen auf Tuberkulose stand von Anfang an in der Kritik. Das informierte Einverständnis der Betroffenen spielte in der diesbezüglichen Debatte jedoch eine, im Vergleich zur Kontroverse um die Testung von Asylbewerber/innen auf HIV in Teilen Deutschlands, eher untergeordnete Rolle. Das mag zum einen daran liegen, dass ein schriftliches Einverständnis der zu testenden Personen im Rahmen der pre-entry screenings ausdrücklich vorgesehen ist. Zum anderen wird auch von der WHO ein verpflichtendes Tuberkulose-Screening von Migrant/innen unter gewissen Umständen ausdrücklich befürwortet. Es scheint, dass hier, angesichts der im Vergleich zu HIV weitaus leichteren Übertragbarkeit einer offenen Lungentuberkulose, dem Infektionsschutz im Zweifel ein höheres Gewicht beigemessen wird, als den Persönlichkeitsrechen der Betroffenen.

Eben dieser Mehrwert aus Sicht des Infektionsschutzes ist jedoch im Hinblick auf die pre-entry screenings umstritten. So zweifeln Kritiker aus dem Bereich des Public-Health sowohl an der Effizienz wie auch an der Effektivität dieser Maßnahme. Die Kritik an der Effizienz bezieht sich auf die verhältnismäßig geringe Sensitivität und Spezifität der angewandten Verfahrensweise, also der Röntgenaufnahme des Torsos. Die zu erwartenden Fehldiagnosen, sowohl im Hinblick auf falsch positive wie falsch negative Ergebnisse, ziehen erhebliche Folgekosten nach sich. Darüber hinaus gehen falsch positive Testergebnisse mit unnötigen psychischen Belastungen für die Betroffenen einher. Im Hinblick auf die Effektivität, also die Frage in wie weit die Maßnahme tatsächlich vor dem „Import“ von Tuberkuloseinfektionen schützt, erscheint die selektive Testung von ausgewählten Migrantengruppen höchst inkonsistent. Wenn lediglich Asylbewerber/innen bzw. Migrant/innen aus bestimmten Ländern, die sich für mehr als sechs Monate in Großbritannien aufhalten, getestet werden, bleibt eine hohe Zahl von Migrant/innen und kurzzeitigen Besuchern ungetestet. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass beispielsweise EU-Bürger oder auch britische Staatsbürger, die sich häufig im Ausland aufhalten (auch in Ländern mit hoher Tuberkuloseinzidenz) mit einer offenen Lungentuberkulose ungetestet nach Großbritannien einreisen. Schließlich wird kritisiert, dass die Maßnahme der pre-entry screenings nicht evidenzbasiert ist, wie es sonst für Screening-Programme als unerlässlich betrachtet wird.

Politische Hintergründe

Die vehemente Kritik an Screening-Verfahren zu HIV und Tuberkulose in Deutschland und Großbritannien legt nahe, dass jene Kriterien, die sonst bei der Konzeption und Implementierung von Public-Health-Maßnahmen gelten, im Hinblick auf den Umgang mit Migrant/innen anders gewichtet werden. Migrant/innen wird innerhalb der Gesundheitswissenschaften in mehrfacher Hinsicht ein Sonderstatus zugewiesen. Exemplarische Analysen der Gesundheitsberichterstattung zu HIV und Tuberkulose in Deutschland und Großbritannien zeigen, dass Migrant/innen sowohl als eine vulnerable Gruppe wahrgenommen werden, die vermehrt gesundheitlichen Risiken ausgesetzt ist, als auch als eine Gruppe, von der ein erhöhtes Infektionsrisiko für die übrige Bevölkerung ausgeht. Bestimmte Infektionskrankheiten werden nicht selten nahezu ausschließlich mit Migration assoziiert. Insbesondere Tuberkulose wurde in Deutschland seit den 1980er Jahren zunehmend als „Migrantenkrankheit“ konstruiert. Planung und Umsetzung der beschriebenen Screening-Maßnahmen erfolgen darüber hinaus nicht in einem politischen Vakuum, sondern sind vielmehr auch durch politische Strategien im Umgang mit Migration beeinflusst. Sie sind somit nicht nur das Produkt epidemiologischer und gesundheitspolitischer Überlegungen, sondern auch Effekte politischer bzw.
öffentlicher Diskurse. In diesen werden Migrant/innen, insbesondere Asylsuchende und Flüchtlinge, oftmals generell als Bedrohung und nicht selten auch als Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung, wahrgenommen.

HIV-Test in Bayern

HIV-Test in Bayern

Dass Asylsuchende in Bayern zu einem HIV-Test verpflichtet sind und in anderen Bundesländern nicht, erscheint im Hinblick auf den Infektionsschutz höchst inkonsistent. Während die Bundesregierung im Einklang mit den Empfehlungen der Vereinten Nationen, der Weltgesundheitsorganisation und der Europäischen Union, von Anfang an auf Aufklärung als wichtigste gesundheitspolitische Aufgabe bei der Bekämpfung von AIDS setzte, wurden aus Bayern immer wieder Forderungen nach seuchenrechtlichen Maßnahmen laut. Auch wenn nicht alle vorgeschlagenen Maßnahmen7 realisiert wurden, ist dennoch eine verpflichtende Testung auf HIV in Bayern zu einem festen Bestandteil der gesundheitlichen Erstuntersuchung von Migrant/innen geworden und wurde bis heute beibehalten. Darüber hinaus ist auch für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung für mehr als drei Monate in Bayern ein HIV-Test verpflichtend vorgesehen. Bayern bleibt damit, zumindest was den Umgang mit Asylbewerber/innen und Migrant/innen im Kontext von HIV betrifft, der klassischen Seuchenstrategie (Old Public Health) verhaftet. Demgegenüber hat sich, nicht nur bundesweit, sondern auch in weiten Teilen Europas, ein Präventionsmodell bewährt, das sich nicht an einer „individuellen Suchstrategie“, sondern an einer „gesellschaftliche Lernstrategie“ orientiert und statt auf Zwangsmaßnahmen auf Beratung und Aufklärung (New Public Health) setzt.

Kritik in England

Der enge Zusammenhang zwischen gesundheits- und migrationspolitischen Überlegungen im Hinblick auf systematische Untersuchungen von Migrant/innen zeigte sich auch in den Debatten in Großbritannien. Einige politische Akteure gingen dabei davon aus, dass Migrant/innen sowohl ein Risiko für die Gesundheit der britischen Bevölkerung, als auch ein ökonomisches Risiko im Sinne einer unverhältnismäßigen Mehrbelastung für die gesundheitlichen Versorgungssysteme darstellen würden. In diesem Zusammenhang wurden Forderungen laut, alle Migrant/innen, die sich dauerhaft in Großbritannien niederlassen wollen, bereits vor ihrer Einreise auf Infektionskrankheiten untersuchen zu lassen. Auch eine verpflichtende Testung auf HIV wurde diskutiert. Expert/innen aus dem Bereich des Public Health kritisierten die entsprechenden Vorschläge, die unter anderem auch die Ablehnung von Asylgesuchen aus gesundheitlichen Gründen vorsahen. So sprach sich beispielsweise auch die British Medical Association (BMA) dagegen aus, dass die Entscheidung über die Gewährung von Asyl vom Infektionsstatus der Betroffenen abhängig gemacht werden sollte. Eine verpflichtende Testung von Migrant/innen und Asylbewerber/innen auf HIV wurde schließlich nicht eingeführt. Jedoch ließen die verhältnismäßig hohen Tuberkuloseinzidenzen in Großbritannien, die in erster Linie mit Migration assoziiert und in politischen Debatten um Einwanderung teilweise gezielt instrumentalisiert wurden, bei den zuständigen Behörden und Entscheidungsträgern einen gewissen Druck entstehen, ungeachtet möglicher Einwände und Vorbehalte seitens einiger Gesundheitswissenschaftler/innen, schnell Maßnahmen zu ergreifen. Darüber hinaus wurde Migration nach Großbritannien allgemein in der öffentlichen Debatte zunehmend kritisch diskutiert. In Anbetracht dieses Spannungsfelds gehen Beobachter/innen davon aus, dass die Einführung der pre-entry screenings weniger als zielführende Public-Health-Strategie, sondern vielmehr als das Ergebnis Migrations- bzw. Asylpolitischer Debatten zu betrachten ist.

Fazit

Anstelle einer Screening-Praxis die einseitig auf Infektionskrankheiten fokussiert, ein erhebliches Stigmatisierungs-potenzial mit sich bringt und Migrant/innen als Risiko für die Gesundheit der restlichen Bevölkerung erscheinen lässt, wäre ein integriertes Konzept für Migrant/innen, insbesondere Asylbewerber/innen, wünschenswert, das Beratung und Versorgung auch im Hinblick auf allgemeine gesundheitliche Bedürfnisse, in den Vordergrund stellt. Lokale Ansätze, wie in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg, können hier als good practice Beispiele dienen. Ob und in wie weit sich die gegenwärtig auf europäischer Ebene zu erarbeitenden Leitlinien zur systematischen Untersuchung von Migrant/innen auf Infektionskrankheiten auf nationale und regionale Praktiken auswirken werden, bleibt abzuwarten.



1 Die gesundheitliche Erstuntersuchung nach dem Asylverfahrensgesetz betrifft grundsätzlich alle Ausländer, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, d.h. Asylbewerber/innen, Flüchtlinge und Spätaussiedler.

2 Zahl der Asylerstanträge in Deutschland, ohne Asylfolgeanträge

3 Zahl der Asylerstanträge in Bayern, ohne Asylfolgeanträge

4 Zahl der Asylerstanträge in Sachsen, ohne Asylfolgeanträge

5 Die gesundheitliche Erstuntersuchung umfasst auch eine serologische Untersuchung zum Ausschluss einer Hepatitis B Infektion, sowie eine Stuhluntersuchung auf verschiedene bakterielle Krankheitserreger und Darmparasiten.

6 Im ersten Halbjahr 2015 wurden in Bayern weniger als 1% der Asylsuchenden positiv auf HIV getestet.

7 Der bayerische „Maßnahmenkatalog“ sah nicht nur eine zwangsweise Testung ausländischer Staatsbürger auf HIV vor, sondern darüber hinaus, im Falle eines positiven Testergebnisses, den Entzug bereits erteilter Aufenthaltsgenehmigungen.


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