1/2007 - Editorial
Liebe Leserin,
lieber Leser,
SALVAGE: ERFOLGE WIE BEI FIRSTLINE
Es herrscht Aufbruchstimmung in der HIV-Medizin. Mit dem CCR5-Antagonisten Maraviroc ebenso wie mit dem Integrasehemmer Raltegravir kamen mehr Patienten mit Dreiklassen-Resistenz unter die Nachweisgrenze als je zuvor. Werden die neuen antiretroviralen Substanzklassen zusammen mit potenten aktiven Medikamenten gegeben, lassen sich selbst bei diesen schwer zu behandelnden Patienten Erfolge erzielen wie bei einer Firstlinetherapie. Das Therapieziel einer kompletten Virussuppression bei Multiresistenz ist erreichbar geworden.
VORSICHT IM EAP
Wichtig ist allerdings die Kombination mit aktiven Substanzen. Raltegravir führte zwar selbst ohne eine weitere aktive Substanz in der Kombination noch bei 57% der Patienten nach 16 Wochen zu einer Absenkung der Viruslast <400 Kopien/ml. Doch wie sieht es nach 48 Wochen aus? Ersten Resistenzdaten zufolge kann man nicht ausschließen, dass die genetische Barriere der Integrasehemmer eher der von NNRTI ähnelt als der von Proteasehemmern. Zudem scheint es Kreuzresistenzen innerhalb der Gruppe der Integrasehemmer zu geben. Eine funktionelle Monotherapie sollte daher möglichst vermieden werden. Das empfehlen auch die Leitlinien. Doch die gesetzlichen Bestimmungen zwingen genau bei den Patienten zur Monotherapie, die neue Substanzen am dringendsten brauchen.
PLÄDOYER FÜR EINE GESETZESÄNDERUNG
In jeder Praxis gibt es einige wenige Patienten, die wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes mit einer funktionellen Monotherapie nach der anderen behandelt wurden. Jetzt hätten wir die (vermutlich einmalige) Chance, diese Patienten mit zwei neuen Substanzklassen plus einem neuen NNRTI gleichzeitig zu behandeln. Aber es geht nicht. Das EAP (Expanded Access Program) ist in Deutschland einer klinischen Studie gleichgestellt und es ist nicht erlaubt, zwei nicht zugelassene Substanzen gleichzeitig einzusetzen. Auf diese Schwierigkeit hat der Amerikaner John Mellors, Pittsburgh, bereits 1999 in einem Editorial im Lancet aufmerksam gemacht. Doch nichts hat sich geändert. Leider.
Dr. Ramona Volkert