Meldungen
Englische Tageszeitung attackiert GSK
Die englische Tageszeitung "The Independent" hat in ihrer Ausgabe vom 12. Mai 2008 behauptet, das Unternehmen GlaxoSmithKline (GSK) habe bereits im Mai 2005 einen offiziellen Beicht über eine "steigende Zahl von Patienten mit Herzinfarkten" unter Abacavir erhalten. Einige Wissenschaftler seien erstaunt gewesen, wie gut GSK auf die DAAD-Beobachtung eines erhöhten kardiovaskulären Risikos unter Abacavir vorbereitet waren. Einige seien sogar "privat wütendend" über die abwiegelnde Reaktion des Unternehmens. In den Verlautbarungen von GSK sei der Bericht über 34 Infarkte unter Abacavir, der 2005 an das schwedische Uppsala Monitoring Centre ging, nicht erwähnt worden ebenso wenig wie die GSK-eigene Produktbeschreibung, in der von einer "milden myokardialen Degeneration" bei Mäusen und Ratten nach zwei Jahren Abacavir die Rede ist. Die Namen der verärgerten Wissenschaftler wurden in dem Beitrag nicht genannt.
GSK reagierte mit einem Leserbrief auf die Anschuldigungen. Laut Alastair Benbow, Medizinischer Direktor Europe, überprüfte GSK 2005 bereits in der Woche nach Eingang der schwedischen Meldung die eigenen Daten sowie externe Datenquellen ohne valides Ergebnis. Dennoch sei das Signal weiter verfolgt worden und auch internationale Daten, unter anderem die des WHO Collaborating Centre for International Drug Monitoring, untersucht worden. In dieser Evaluation, die auch den Zulassungsbehörden zugeleitet wurde, habe sich kein kausaler Zusammenhang zwischen Abacavir und Myokardischämien gezeigt. Die Beschreibung der "milden myokardialen Degeneration" bei Ratten sei zudem keinesfalls als Hinweis auf myokardiale Mangeldurchblutungen zu verstehen. Es handle sich vielmehr um kardiale Befunde, wie sie häufig bei unbehandelten alten Tieren zu finden seien.
GSK nimmt jeden Hinweis auf eine Nebenwirkung ernst, schrieb Benbow, und werde auch weiterhin die Sicherheit jedes seiner Medikamente inklusive Abacavir genau überwachen und untersuchen.
Gilead blockiert unabhängige Forschung an Tenofovir
Tenofovir führt bei einem Teil der mit Viread®, Truvada® oder Atripla® behandelten HIV-Patienten zu einem sogenannten Fanconi Syndrom', einer Nierenschädigung welche zu einem vermehrten Verlust von Phosphat im Urin führt. Laut einer kürzlich erfolgten unabhängigen Auswertung der FDA-Nebenwirkungsdatenbank führt das durch Tenofovir induzierte Fanconi-Syndrom bei 2% der davon betroffenen Patienten zur einer erhöhten Sterblichkeit. Der Phosphatverlust in der Niere ist auch eine mögliche Ursache der unter Tenofovir beobachteten Knochenerweichung (Osteomalazie). Tatsächlich zeigten die mit Tenofovir behandelten Versuchstierspezies eine zeit- und dosisabhängige Nieren- und Knochenschädigung (http://www.fda.gov/cder/foi/nda/2001/21-356_Viread.htm).
Der Mechanismus über den Tenofovir das Fanconi-Syndrom vermittelt, ist noch weitgehend unverstanden, könnte aber darin bestehen, dass Tenofovir die Mitochondrien schädigt. Kürzlich wollte Prof. Ulrich Walker vom Universitätsklinikum Freiburg, an Ratten untersuchen, ob Tenofovir in der Lage ist, die Mitochondrien von Niere und Knochen dadurch zu schädigen, indem es die Menge mitochondrialer DNA vermindert. Ziel der Untersuchungen von Walker war es, auch herauszufinden, welche Rolle die Mitochondrien in der Niere und im Knochen spielen und letztlich einen Marker zu entwickeln, der es erlaubt etwaige Nebenwirkungen von Tenofovir beim individuellen Patienten vorauszusagen.
Die Herstellerfirma von Tenofovir (Gilead Sciences, USA) hat nun aber entschieden, das für diese Forschung notwendige Tenofovir nicht zur Verfügung zu stellen. Der Entschluss von Gilead Sciences wurde explizit nicht mit den hierfür anfallenden Kosten begründet, sondern damit, dass es "keinen Hinweis auf mitochondriale Toxizität" gäbe. Walker kann diese Begründung wissenschaftlich nicht nachvollziehen und plädiert für eine unabhängige Überprüfung des Hinweises von Gilead Sciences auf "fehlende mitochondriale Toxizität". Er ist der Meinung, dass die biologische Grundlagenforschung im Interesse der betroffenen Patienten nicht behindert werden sollte und dass auch nach der Zulassung eines Arzneimittels die Kooperation zwischen pharmazeutischer Industrie und unabhängiger Wissenschaft eine Selbstverständlichkeit sein sollte, insbesondere wenn es um die Sicherheit der Patienten geht. Derzeit läuft eine Beratung mit der Europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde. Ferner sieht es so aus, als könnte trotz des Blockadeversuchs von Gilead die Forschung bald begonnen werden. Wir werden weiter berichten.
CME-Preis für Jürgen Rockstroh und Martin Vogel
Mit dem "Springer CME-Award Der Internist" für den besten Weiterbildungsbeitrag des Jahres 2007 ist Professor Jürgen Rockstroh für seinen Beitrag "Chronische HIV-Infektion" ausgezeichnet worden (Internist 48, 2007, 519). Jury und Leser von "Der Internist" stimmten für den Beitrag wegen seiner Inhalte und der didaktisch hervorragenden Aufbereitung. Der Mitautor Dr. Martin Vogel nahm den mit 3.000 € dotierten Preis auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Wiesbaden entgegen.
HIV-Praxis in München
Seit 01. April 2008 hat Dr. Anja Meurer die Praxis von Friedrich Gläßel in der Ainmillerstr. 26 in München-Schwabing übernommen. Neben HIV/AIDS und chronischer Hepatitis zählen die Abklärung von Infektionskrankheiten und unklarem Fieber, Reisemedizin und Impfberatung sowie Kinderwunschberatung zu den Schwerpunkten der Praxis.
Neue Aufgaben
Bei GlaxoSmithKline hat der Bereichsleiter HIV Dr. Oliver Sadlek das Unternehmen verlassen. Er ist in einen anderen Fachbereich in einem anderen Konzern gewechselt. Ebenso hat der Produktmanager Andreas Kobor das Unternehmen Janssen-Cilag verlassen.
Neuzugänge
Bei GSK wird das Marketing-Team seit März durch den Junior Produktmanager Rüdiger Allmann verstärkt. Nach Abschluss eines Biologie-Studiums war Herr Allmann mehrere Jahre im Klinikaußendienst für den Bereich Herz-Kreislauf/Antithrombotika zunächst bei Sanofi-Synthelabo und anschließend bei GSK tätig. Er wird zukünftig für Kivexa® verantwortlich sein.
Bei Boehringer Ingelheim ist Laura Belkien neu im HIV-Team. Die Betriebswirtschaftlerin bringt einiges an Erfahrung mit. Sie war an der Einführung des ersten CCR5-Antagonisten beteiligt.
SÖDAK Aktuell
Der Deutsch-Österreichisch- Schweizerische AIDS-Kongress wird am 24.-27. Juni 2009 in St. Gallen stattfinden. Die Entscheidung, den Kongress in Zukunft gemeinsam mit der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie zu gestalten, bringt eine Reihe von Neuerungen mit sich. Der Kongress wird zweisprachig sein, d.h. während des ganzen Kongresses soll immer ein englischsprachiger Track zur Verfügung stehen. Es sollen mehr Kongressbeiträge von den Teilnehmern kommen, d.h. die Zahl eingeladener Referenten wird reduziert werden. Dafür können Interessierte Beiträge einreichen. Beiträge, die sich am Kongressmotto und den Kongressthemen orientieren bevorzugt behandelt werden.
Das heisst: Sie können zum SÖDAK 2009 indirekt oder direkt beitragen und zwar durch einen · o Indirekter Beitrag: Unter dem Kongressmotto: Prepare for the long run können die vorgeschlagenen Kongressthemen bewertet werden. Auch neue Themen unter dem Kongressmotto sind willkommen. · o Direkter Beitrag: Wir rufen junge und erfahrene Forscher, Kliniker, Epidemiologen, Pflegende und weitere Sachverständige auf, schon jetzt Ihre möglichen Arbeiten auf die zentralen Themen des SÖDAK 2009 zu fokussieren.
Reyataz® - zwei neue Zulassungen
Der Proteasehemmer Atazanavir (Reyataz®) wurde Anfang Juni in Europa zur Behandlung von therapienaiven HIV-Infizierten zugelassen. Grundlage für die europäische Zulassung sind die Daten der CASTLE-Studie, in denen Atazanavir/r OD und Lopinavir/r BID bei knapp 900 Patienten vergleichbar gut abschnitten. An der Studie hatten auch Patienten mit fortgeschrittener Infektion (CD4<50/µl) sowie viele Frauen (30%) teilgenommen. Atazanavir steht zudem seit kurzem auch als 300 mg-Kapsel zur Verfügung. Die alten Formulierungen (150 mg und 200 mg Kapseln) bleiben weiterhin erhältlich.
Viread® - Zulassung bei Hepatitis B und 3-Monatspackung
Am 23. April 2008 hat die europäische Arzneimittelbehörde EMEA Tenofovir (Viread®) zur Therapie der chronischen Hepatitis B zugelassen. Die Zulassung beruht auf zwei großen Studien an über 600 erwachsenen Patienten, in denen Tenofovir eine signifikant bessere antivirale Wirksamkeit als Adefovir (Hepsera®) zeigte. Seit Juni steht Viread® auch in einer N3-Packung mit drei Flaschen à 30 Tabletten zur Verfügung.
Prezista® - Mutationen neu definiert
Auf dem 6ten Europäischen HIV-Resistenzworkshop in Budapest gab es neue Erkenntnisse zu den Darunavir-assoziierten Mutationen. Tibotec-Forscher analysierten die gepoolten Daten der drei POWER- und zwei DUET-Studien. Das Ergebnis: Die Mutation G3S fällt weg, dafür wurde die Mutation T74P in die Liste aufgenommen. Drei und mehr der insgesamt 11 Darunavir-spezifischen Mutationen beeinträchtigten die Wirksamkeit des Proteasehemmers bei Patienten, die kein Enfuvirtid spritzten.
DRV RAMs