Biobanken-Infrastruktur
Biobank des Kompetenznetzes HIV/AIDS für BMBF-Pilotprojekt ausgewählt
Klaus Jansen, Adriane Skaletz-Rorowski, Norbert H. Brockmeyer, Kompetenznetz HIV/AIDS, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Ruhr-Universität Bochum; Christina Schröder, Fraunhofer Institut für Biomedizinische Technik (IBMT), Potsdam
DIE BIOBANK DES KOMPETENZNETZES HIV/AIDS
Anzahl Proben | |
---|---|
Serum-Bank | 56.327 |
DnA-Bank | 16.292 |
CSF-Bank | 1.468 |
Haut-Bank | 3.500 |
lymphknoten-Bank | 120 |
Mukosa-Bank | 1.660 |
Tab. 1 Probenbestand der KompNet HIV/AIDS-Biobank
Im Kompetenznetz HIV/AIDS (KompNet) an der Ruhr-Universität Bochum wird standardmäßig von den Kohortenpatienten (kumulativ: 16.500) nach entsprechender Einwilligung bei Einschluss sowie drei Jahre danach jeweils eine EDTA-Blutprobe entnommen. Diese Proben werden zur DNA-Extraktion in einer zentralen DNA-Bank des KompNet gesammelt. Zusätzlich wird von jedem Patienten bei Aufnahme in die Patientenkohorte sowie halbjährlich bei jedem Follow-Up jeweils eine Serum-Probe entnommen. Weitere Biomaterialien wie Rückenmarksflüssigkeit (CSF), Lymphknoten oder Hautproben werden im Rahmen entsprechender Untersuchungen nach gesonderter Einwilligung des Patienten entnommen und in Düsseldorf, Hamburg und Bochum gelagert. In der Biomaterialbank des KompNet HIV/AIDS sind aktuell knapp 80.000 Proben asserviert (Tab. 1).
Einer der größten Vorteile der KompNet-Kohorte ist die Verknüpfung der Biomaterialbanken mit dem umfangreichen klinischen und soziodemographischen Datensatz (283 Items), der von der Epidemiological Working Group des KompNet unter der Leitung des Kohorten-Managers in Bochum organisiert wird.
PROBENBASIERTE FORSCHUNG IM KOMPETENZNETZ HIV/AIDS
Die Biobanken des Kompetenznetzes HIV/AIDS bilden eine wichtige Grundlage für die Durchführung von molekularmedizinischen Studien, deren Ergebnisse für die Entwicklung von maßgeschneiderten Konzepten in der Patientenversorgung wichtig sind.
Die Palette an spezifischen Faktoren, die im Rahmen der KompNet-Projekte anhand von Serum- und DNA- Proben im Zusammenhang mit klinischen Daten der Kohorte untersucht werden, ist vielfältig. So werden z.B. im Rahmen eines DFG Projektes am Nationalen Referenzzentrum für Retroviren, Klinikum der Universität Erlangen-Nürnberg (PD Dr. Barbara Schmidt) Serum-Proben eingesetzt, um spezifische Faktoren, die zu einer chronischen Immunstimulation als einen wesentlichen Mechanismus der HIV-Pathogenese führen, zu detektieren. Ansätze auf der Basis von DNA- und Serum-Proben zur Etablierung einer maßgeschneiderten antiviralen Therapie werden auch in weiteren Studien verfolgt.1
Neben Analysen, gestützt auf der Serum- und DNA-Bank, werden im KompNet auch Untersuchungen auf der Basis der CSF-Bank, von Lymphknoten-Proben und Hautbiopsien durchgeführt. So konnte in einer Publikation aus dem Diagnostik-Bereich (Universitätsklinikum Düsseldorf, Prof. Gabriele Arendt), die sich mit der Messung von löslichen Entzündungsmediatoren in CSF-Proben von HIV-Patienten in unterschiedlichen Stadien der Infektion mittels eines Solid-Phase-Protein-Arrays beschäftigte, gezeigt werden, dass dieses Messverfahren immunologische Veränderungen bei HIV-Patienten spezifisch erkennen kann.2
Im Forschungsprojekt von Prof. Klaus Überla (Ruhr-Universität Bochum) werden virale Determinanten bestimmt, die für die Induktion einer breit-neutralisierenden Antikörperantwort verantwortlich gemacht werden könnten. Da die HIV-Infektion meist keine breit-neutralisierende Antikörperantwort auslöst, es jedoch vereinzelt Infizierte gibt, deren Seren ein breites Spektrum an HIV-Isolaten hemmen, war das primäre Ziel des Projektes Proben der KompNet-Serumbank auf neutralisierende Antikörper gegen ein Referenzpanel bereits vorhandener und international verwendeter HIV-Isolate systematisch zu testen. Nachdem nun im ersten Schritt Proben mit solchen Antikörper-Antworten detektiert werden konnten, sollen in einem zweiten Schritt aus der DNA-Bank des KompNet HIV/AIDS virale Determinaten des selben Patienten amplifiziert und deren Eigenschaft als Impfantigen überprüft werden. Geplant ist weiterhin zu untersuchen, ob die Breite der neutralisierenden Antikörperantwort mit dem Krankheitsstadium bzw. der Progression zu AIDS korreliert. Die Beantwortung dieser Fragen könnte ganz entscheidend für die Entwicklung von breit-neutralisierenden HIV-Impfstoffen sein. Die Finanzierung der ersten 100 Untersuchungen wurde durch die institutionellen Ressourcen gesichert und soll nun die nachfolgende Drittmitteleinwerbung für dieses Projekt ermöglichen.
Abgesehen von weiteren wissenschaftlichen Projekten, die abgeschlossen und deren Ergebnisse aktuell publiziert worden sind3,4, werden zurzeit im KompNet wissenschaftliche Analysen durchgeführt, die die Patientenproben aller Biobanken des Netzes einschließen (www.kompetenznetz-hiv.de). Die Biomaterialien der KompNet-Kohorte können allen interessierten Wissenschaftlern nach Antragstellung und positiver Begutachtung durch das KompNet HIV/AIDS zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt werden.
NATIONALE UND INTERNATIONALE VERNETZUNG
Für externe Forscher sind gut charakterisierte und umfassend annotierte humane Proben wie die des KompNet HIV/AIDS bisher schwierig aufzufinden – ein Schatz, der in Splittern vergraben ist. Zudem lassen sich statistisch valide Probenkollektive für spezifische Forschungs-Fragestellungen oft nur dann zeitnah erstellen, wenn die Proben Standort- und Biobank-übergreifend selektiert und zusammen geführt werden können. Dazu müssen Daten und meta-Daten über die Probenbestände einer zentralen Suche zugänglich gemacht werden, während die Proben selbst überwiegend dezentral in der den Patienten behandelnden Institution gelagert bleiben müssen und nur für spezifische Projekte zusammen geführt werden können. Entscheidenden Mehrwert für die Forschung bietet ein universelles Suchportal, das Krankheits-spezifische (wie die oben beschriebene) und allgemeine klinische Biobanken sowie populationsgenetische Kohorten einer Web-basierten Proben- oder Fall-genauen Suche erschließt.
Mit der „Central Research Infrastructure for molecular Pathology“ (CRIP; http://crip.fraunhofer.de) wurde
bereits 2005/6 ein Konzept entwickelt, mit dem Daten aus den Gewebebanken von Pathologie-Instituten in einem zentralen
Suchportal zusammen geführt und regelmäßig Software-gestützt aktualisiert werden; die Persönlichkeitsrechte der
Probenspender und die Autonomie der Biobank bleiben dabei in vollem Umfang gewahrt.5 CRIP umfasst aktuell ca.
1 Mio. mit Gewebeproben hinterlegter Fälle sämtlicher Krankheitsgebiete und steht der akademischen und industriellen
Forschung gleicher Maßen offen.
name der Biobank | Focus | Hochschulstandort |
---|---|---|
BioPsy | Neuropsychiatrische Erkrankungen | Mannheim |
CNHF | Herzinsuffizienz | Berlin |
Kompnet HIV/AIDS | HIV / AIDS | Bochum |
Pediatric Diabetes Biobank | Diabetes bei Kindern | Ulm |
Sepnet Biobank | Sepsis | Jena |
Popgen | Epidemiologie | Kiel |
Tab. 2 Biobanken, die sich am Aufbau des Projektportals beteiligen
Dagegen waren die bedeutenden krankheitsspezifischen deutschen Biobanken wie z.B. die Biobanken der Kompetenznetze bisher für externe Forscher nur eingeschränkt zugänglich, obwohl überwiegend mit öffentlichen Mitteln aufgebaut. Diese Ressourcen werden jetzt mit dem BMBF-geförderten „Projektportal im Deutschen Biobanken-Register“ erschlossen. Das Projektportal wird vom Fraunhofer IBMT nach dem Vorbild der CRIP aufgebaut. Es wird ab 2012 über das Deutsche Biobanken-Register der TMF-Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. unter www.biobanken.de zugänglich sein und soll mittelfristig Daten aller großen im Deutschen Biobanken-Register verzeichneten Banken integrieren. Am Start beteiligen sich jetzt neben dem Kompetenznetz HIV/AIDS noch fünf weitere Biobanken (Tab. 2).
Mit dem Projektportal schaffen TMF e.V., Fraunhofer IBMT und die beteiligten Biobanken eine Infrastruktur, die allen Forschern die sehr unterschiedlichen deutschen Humanbiobanken über das Internet und eine zentrale Datenbank zugänglich macht. Sie legen damit auch den Grundstein für einen deutschen Knoten im künftigen europäischen Biobanken-Netzwerk „Biobanking and BioMolecular Resources Research Infrastructure“ (BBMRI;www.bbmri.eu).
SICHERE ETHISCH-RECHTLICHE STANDARDS
Das Projektportal baut auf jahrelangen Vorarbeiten auf, vom „Generischen Datenschutzkonzept“ der TMF6 bis hin zum „CRIP Privacy Regime“ des Fraunhofer IBMT.5 In der zentralen Datenbank werden ausschließlich anonymisierte Daten verarbeitet. Der Datentransfer wird in einem „Datenbankvertrag“ geregelt, der dem deutschen und europäischen Datenschutzrecht Rechnung trägt. So bietet er eine ethisch und rechtlich sichere Basis für den Umgang mit den Proben und Daten der Patienten und erfüllt eine unabdingbare Voraussetzung für die Forschung – nicht nur, wenn diese AIDS-Patienten im Blick hat.
1 Wyen C et al. German Competence Network for HIV/AIDS (2008). Impact of CYP2B6 983T>C polymorphism on non-nucleoside reverse transcriptase inhibitor plasma concentrations in HIV-infected patient. J Antimicrob Chemother. 61(4):914-8
2 Nolting T et al. Competence Network HIV/AIDS (2009). Measurement of soluble inflammatory mediators in cerebrospinal fluid of human immunodeficiency virus-positive patients at distinct stages of infection by solid-phase protein array. J Neurovirol. 15(5-6):390-400
3 Mueller S.M et al. German Competence Network for HIV/AIDS (2011). Influence of Major HIV-1 Protease Inhibitor Resistance Mutations on CTL Recognition. JAIDS. 56(2):109-17
4 Kreuter A et al. German Competence Network HIV/AIDS (2010). Anal carcinoma in HIV-positive men: results of a prospective study from Germany. Br J Dermatol. 162(6):1269-77
5 Schröder C, Heidtke KR, Zacherl N, Zatloukal K, Taupitz, J (2010). Safeguarding donors’ personal rights and biobank autonomy in biobank networks:The CRIP Privacy Regime. Cell Tissue Bank DOI 10.1007/s10561-010-9190-8; http://www.springerlink.com/content/257x56488841215k/fulltext.pdf
6 Reng C M, Debold P, Specker C, Pommerening K (2006). Generische Lösungen zum Datenschutz für die Forschungsnetze in der Medizin; Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin