Ein Bericht von Sibyl Peemöller und Ute Senftleben, Hamburg
Wie leben Kinder und Jugendliche mit HIV?
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Dies ändert sich allerdings schlagartig, wenn in der Kita, im Sportverein oder in der Schule, in der Nachbarschaft oder im Freundeskreis die HIV-Infektion bekannt wird. Dann paaren sich häufig fehlendes Wissen über Ansteckungswege und Behandlungsmöglichkeiten mit Vorwürfen und Ablehnung, besonders wenn die Infektion nicht von Beginn an offengelegt wurde. Dass HIV im Alltag nicht übertragbar ist, dass die Infektiosität unter einer wirksamen antiretroviralen Therapie gen Null geht und es keine Informationspflicht bei HIV gibt, ist auch heute noch nicht bei allen medizinischen oder pädagogischen Fachkräften angekommen. So verwundert es nicht, dass HIV in Familien nach wie vor mit einem großen Tabu behaftet ist und dass das Geheimnis innerhalb und außerhalb der Familie gewahrt wird. Die Angst vor Ablehnung und Diskriminierung ist oft groß, besonders bei dem Gedanken, dass auch die eigenen Kinder darunter leiden müssen. Ist auch das Kind infiziert, kommen häufig Schuldgefühle und die Sorge hinzu, dass das Kind die Diagnose nicht verkraften oder der Mutter Vorwürfe machen und sich gegen sie wenden wird.
Was ist bei der Aufklärung von HIV-positiven Kindern zu beachten?
Ein Teil unserer Arbeit besteht in der Unterstützung der Mütter/Eltern beim Aufklärungsprozess mit ihren Kindern. Sind die Kinder selbst infiziert, müssen von klein auf Erklärungen gefunden werden, warum sie regelmäßig zu Untersuchungen und Blutabnahmen müssen und sie ihre täglich zu nehmenden Medikamente nicht vergessen dürfen. Letzteres kann auch der Grund sein, weshalb sie nicht mit auf die Kitareise oder bei der Freundin/dem Freund übernachten dürfen, wenn sie zur selbständigen Medikamenteneinnahme noch zu klein sind und die Umwelt von den Medikamenten nichts erfahren darf.
Dann suchen wir gemeinsam mit den Eltern nach Lösungen und unterstützen bei einer schrittweisen, altersgerechten Aufklärung der Kinder. Generell lautet unsere Empfehlung hier: „die Wahrheit in kleinen Schritten“ und „keine Lügen“.
Stockbrot machen auf der Wochenendfreizeit
© VHIVA KIDS
HIV-positive Kinder sollten möglichst über ihre Erkrankung aufgeklärt sein, bevor sie in die Pubertät kommen. In der Pubertät sind das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein sehr fragil und instabil. Unserer Erfahrung nach handelt es sich um sehr schlechte Voraussetzungen, in der Pubertät von der Existenz einer chronischen Erkrankung zu erfahren, die zudem noch sexuell übertragbar ist. Im Laufe der Jahre haben wir einige Jugendliche erlebt, die extrem heftig und ablehnend reagiert haben, als ihre Eltern sie in der Pubertät über ihre HIV-Infektion informiert haben. Es kam zu Kontaktabbrüchen mit den Eltern und dem Abbruch der medizinischen Behandlung. Die Jugendlichen waren wütend und enttäuscht, ihre Eltern hilflos und verzweifelt.
Antwort von A. (13 J.) aus der Mädchengruppe
...
auf die Frage, ob sie ihre Medikamente schon mal nicht genommen
hätte: „Ja, ich habe meine Medikamente früher nicht genommen.
Meine Mutter hat mir nur gesagt, dass mein Blut krank ist und ich die
Tabletten nehmen soll.
Ich habe sie gefragt, warum, aber sie hat
mir nichts gesagt. Dann war ich wütend und habe gedacht, dann nehme
ich die Tabletten eben nicht. Seit ich in der Mädchengruppe bin, ist
das anders. Jetzt habe ich verstanden, warum ich meine Tabletten
nehmen soll. Und jetzt ist es mir ganz wichtig, sie zu nehmen.“
Daher haben wir folgendes Konzept für eine Kindergruppe entwickelt:
- Eine intensivere Aufklärung der HIV-positiven Kinder sollte beginnen, wenn sie 9-10 Jahre alt sind.
- Die Kinder sollten in eine Gruppe mit anderen HIV-positiven Kindern eingebunden sein.
- Die Gruppe trifft sich 4-6x im Jahr.
- Die Treffen bestehen aus einer „Arbeits-“ und einer „Spaßphase“.
- Diese intensive Phase der Aufklärung dauert ca. 2 Jahre.
- Die direkte Aufklärung machen die Eltern. Es gibt jedoch eine engmaschige Zusammenarbeit zwischen ihnen, dem behandelnden Arzt und den beiden Leiterinnen der Kindergruppe.
VHIVA KIDS – Familienleben mit HIV
ist eine Beratungsstelle für Familien in Hamburg und Umgebung, in denen ein oder auch beide Elternteile HIV-positiv, in wenigen Fällen auch ein Kind infiziert sind. Im letzten Jahr wurden 94 Familien mit 187 Kindern beraten und unterstützt, davon waren 19 Kinder HIV-exponiert (= Neugeborene und Kleinkinder, bei denen eine HIV-Infektion noch nicht definitiv ausgeschlossen werden kann) und 13 Kinder HIV-infiziert. In der Regel kommen neue Familien zu uns, weil eine schwangere Frau gerade von ihrer HIV-Infektion erfahren hat. Das ist nach wie vor ein großer Schock, oft sehen die Frauen keine Zukunft mehr für sich und ihr Kind, glauben, dass sie nicht mehr lange leben werden, dass ihr Kind ebenfalls infiziert sein wird.
Mit unserer Arbeit verfolgen wir seit mehr als 30 Jahren das Ziel, dass HIV-betroffene Familien entlastet und gestärkt werden und positive Lebensbedingungen entwickeln können.
Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Hamburg e.V. | ajs
VHIVA KIDS – Familienleben mit HIV
Hellkamp
68, 20255
Hamburg
Tel.
040 410 980 62,-80,-82
E-Mail:
kinder@ajs-hh.de
www.ajs-hamburg.de
Ziele der Gruppe sind:
- die vollständige Aufklärung über die HIV-Infektion.
- der intensive Kontaktaufbau der Kinder/Jugendlichen untereinander, damit sie sich als Lebensbegleiter*innen auf ihrem Weg mit HIV akzeptieren.
- die gemeinsame Teilnahme am nächsten Bundesweiten Treffen für HIV-positive Jugendliche (BuJu) von der DAH.
Neben der Einzelberatung in den Familien haben wir 2004 zum ersten Mal eine „Geheimnisgruppe“ für Kinder aus HIV-betroffenen Familien durchgeführt. 2014 folgte dann eine Gruppe ausschließlich mit HIV-positiven Jungen und seit Ende 2017 existiert eine Gruppe für HIV-positive Mädchen. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist auch die Arbeit mit den Eltern, da bei ihnen große Ängste bestehen. So waren jeweils 1,5 bis 2 Jahre Vorbereitungszeit erforderlich, bis die Eltern damit einverstanden waren, dass wir mit ihren Kindern arbeiten durften.
Wir sind sehr zufrieden mit unserer „Jungsgruppe“ sowie der „Mädchengruppe“, denn die Jugendlichen sind inzwischen untereinander vernetzt und in Bezug auf ihre HIV-Infektion und die Einnahme ihrer Medikamente stabil.