Daniel Pauli, Frankfurt
Substanzmissbrauch im Amateursport
„Schneller, höher, weiter“– unter diesem Motto trainieren tagtäglich Sportler:innen, um in ihrem Sport besser zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, werden auch viele Substanzen genutzt, von Nahrungsergänzungsmittel bis hin zu Medikamenten. Der Breitensport ist von dieser Art des Dopings nicht ausgenommen. Gefördert wird dies durch die leichte Verfügbarkeit von Nahrungsergänzungsmittel und sogar Medikamenten. Vielfach können diese einfach über das Internet bestellt werden, aber auch in Fitnessstudios werden nicht immer nur Nahrungsergänzungsmittel gehandelt.
Genaue Zahlen zum Substanzmissbrauch im Amateursport gibt es nicht, Kontrollen finden nur im Bereich des Profisports statt. Schätzungen gehen von 350.000 bis 400.000 Personen in Deutschland aus, die durch Substanzen ihre Muskelmasse vermehren und den Fettanteil des Körpers verringern wollen. In den Fitness-Studios nahmen laut einer Erhebung der Universität Frankfurt aus dem Jahr 2011 14% der Frauen und 24% der Männer leistungssteigernde Substanzen ein.
In der Anamnese bei Sportler:innen sollte man daher auch gezielt nach Nahrungsergänzungsmitteln und
anderen
leistungssteigernden Substanzen fragen. Am weitesten verbreitet sind Eiweißprodukte und Kreatin sowie frei verkäufliche
Stimulantien. Aber auch in Deutschland verschreibungspflichtige Substanzen finden oft Anwendung.
Am wichtigsten für Fitnesssportler und Bodybuilder sind die anabolandrogenen Steroide – eine Gruppe von Substanzen, die das männliche Geschlechtshormon Testosteron und seine zahlreichen, teils auch synthetischen, Derivate umfasst. Diese Substanzen werden im allgemeinen Sprachgebrauch häufig als anabole Steroide oder einfach Anabolika oder Roids bezeichnet.
Protein
Beispiele: Whey Protein oder Casein
Häufig als Ergänzung zur Nahrung genutzt, um die optimale Menge an benötigtem Eiweiß zum Muskelaufbau und Erhalt zu erreichen (1,4-2,0 g Protein pro kg Köpergewicht).
Effekt: Muskelaufbau
Nebenwirkung: Potentielle Verschlechterung der Nierenfunktion bei bestehender chronischer Nierenerkrankung
Nachteile: Gegebenenfalls zugesetzte Substanzen oder akzidentelle Verunreinigungen.
Einzelne Amino-säuren und deren Stoffwechsel-produkte
Beispiele: Essenzielle Aminosäuren (EAA), verzweigtkettige Aminosäuren (BCAA), Beta-Alanin, Beta-Hydroxymethylbutyrat, Arginin, u.a.
Effekt: Eventuell geringer positiver Effekt auf Muskelaufbau oder Leistungsfähigkeit
Nebenwirkungen: Je nach Dosierung potentielle Verschlechterung der Nierenfunktion bei bestehender chronischer Nierenerkrankung
Nachteile: Meistens teuer. Unklare bis keine Evidenz für Nutzen.
Gegebenenfalls zugesetzte Substanzen oder
akzidentelle Verunreinigungen.
Milde Stimulanzien
Beispiele: Koffein, Taurin, Theanin
Effekt: Verbesserte Trainingsleistung
Nebenwirkungen: Gegebenenfalls schlechtere Schlafqualität, Schlaflosigkeit, Tachykardie, Palpitationen u.a.
Nachteile: Oft Mischpräparate mit mehreren Stimulanzien in verschiedenen Dosierungen mit Gefahr der Überdosierung.
Starke Stimulanzien
Beispiele: Amphetamin, Metylphenidat, Ephedrin, Pseudoephedrin u.ä.
Effekt: verbesserte Trainingsleistung
Nebenwirkungen: Tremor, Agitiertheit, Hypertonie, Herzrhythmusstörungen, Organschäden u.a.
Kreatin
Effekt: Leistungssteigerung, Muskelaufbau
Nachteil: Je nach Zusammensetzung des Präparats eventuell Kreatininanstieg im Serum (Cystatin-C als Alternative zu Kreatinin zur GFR Bestimmung).
Pflanzliche Präparate
Beispiele: Tribulus terrestris, Bockshornklee, u.a.
Effekt: keinen belegten Nutzen
Nachteile: Gegebenenfalls verunreinigt. Schwankende Dosierungen.
Beta-2-Sympathomimetikum
Beispiele: Salbutamol, Formoterol, Clenbuterol
Effekt: Leistungssteigerung, Fettverbrennung, Muskelaufbau
Nebenwirkungen: Tremor, Tachykardie, Palpitationen, Übelkeit u.a.
Peptidhormone, Wachstumsfaktoren und verwandte Substanzen
Beispiele: Somatotropin, Erythropoetin
Effekt: Leistungssteigerung, Muskelaufbau
Nebenwirkungen: Organomegalie, Akromegalie, Diabetes, Hyperlipidämie, Leberschaden u.a.
Anderes: Oft werden gefälschte Substanzen im Internet verkauft.
Anabole androgene Steroide
Beispiele: Testosteron, Dihydrotestosteron, Androstendion, Metandienon
Effekt: Muskelaufbau, Fettabbau
Nebenwirkungen: Polyglobulie, Hypertonie, Hyperlipidämie, Leberfunktionsstörungen, Gynäkomastie, Akne, Pruritus, Oligospermie, u.a.
Anderes: Oft werden gefälschte Substanzen im Internet verkauft.
Wegen des weit verbreiteten Gebrauchs sollte jeder Patient in der klinischen Praxis neben Medikamenten auch explizit nach Nahrungsergänzungsmitteln gefragt werden, insbesondere bei Sportlern. Eine gute Aufklärung des Patienten über Risiken und Nutzen kann zumindest dazu beitragen, dass nebenwirkungsärmere Produkte wie Whey oder Kreatinbenutzt werden und auf Substanzen mit starken Nebenwirkungen verzichtet wird.
Zur Verringerung des Risikos durch Verunreinigungen empfiehlt sich die Nutzung der „Kölner Liste“, gegründet um für Sportler das Risiko für positive Dopingbefunde durch Verunreinigungen von Nahrungsergänzungsmitteln zu minimieren.
Kölner Liste:
(Auch als App für iPhone oder Android verfügbar).