Deutsche Sti-gesellschaft
Deutsche STI-GesellschaftNeuer Leitfaden

Der Leitfaden der DSTIG zu Diagnostik, Therapie und Prävention sexuell übertragbaren Infektionen wurde aktualisiert. Es gibt neue Themen und viele neue Empfehlungen, z.B. bei Gonorrhoe, Chlamydien, Mycoplasmen und Ureaplasmen.

Gonorrhoe

Diagnostischer Standard bleibt die NAAT aus Abstrichmaterial bzw. bei Männern auch Erststrahlurin, oder (und das ist neu) ggf. eine Multiplex-PCR zum Ausschluss weiterer STI. Auch bei der Standardtherapie der Gonorrhoe gibt es eine Änderung: Ceftriaxon 1-2 g (früher nur 1 g) i.v. oder i.m. jetzt ohne Azithromycin. Die zusätzliche Gabe von einmalig Azithromycin 1,5 g p.o. wird nur noch bei Patient*innen mit unsicherer Adhärenz empfohlen, wobei sich die Adhärenz auf die Zuverlässigkeit für die Kontrolluntersuchung bezieht.

Alternative ist – nur bei nachgewiesener Empfindlichkeit und Ausschluss von Koinfektionen – Azithromycin 2 g p.o. einmalig. Bei Kontraindikationen für die parenterale Gabe von Ceftriaxon kann man stattdessen Cefixim 800 mg p.o. einmalig (oder 2x 400 mg p.o. im Abstand von 8-12 Std.) geben.

Gram-gefärbte Neisseria gonorrhoeae aus einem Harnröhrenabstrich © Wikipedia
Gram-gefärbte Neisseria gonorrhoeae aus einem Harnröhrenabstrich
© Wikipedia

Neu sind die Empfehlungen zur pharyngealen Gonorrhoe. Zur Sicherung der Diagnose wird der zweimalige Nachweis empfohlen (vergleiche Interview Prof. Brockmeyer) und als Therapie die Standardbehandlung wie bei urogenitaler oder rektaler Gonorrhoe. Cefixim ist als Alternative für den Pharynx nicht ausreichend. Hier sollte möglichst parenteral behandelt werden bzw. gezielt nach Erregertestung.

Die disseminierte Gonokokken-Infektion (z.B. Meningitis, Endokarditis, Arthritis) wird mit Ceftriaxon® 2 g i.v. alle 12 h plus Azithromycin 1,5 g p.o. einmalig behandelt. Therapiedauer insgesamt 10-14 d (Meningitis) bzw. mindestens 4 Wochen (Endokarditis).

Chlamydien

Hier entfällt Therapieempfehlung gemäß der Serovare. Es wird für unkomplizierte urogenitale, anorektale und oropharyngeale Infektion Doxycyclin 2x 100 mg/d über 7 Tage empfohlen, alternativ einmal 1,5 mg Azithromycin. Bei gleichzeitiger Gonorrhoe kann man als Standard Ceftriaxon plus einmal 1,5 mg Azithromycin zur Behandlung beider Infektionen geben. Bei Lyphogranuloma venerum (hämorrhagische Proktitis) bleibt Doxycyclin 2x 100 mg/d über mindestens 21 Tage Mittel der Wahl. Alternativen sind Azithromycin 1,5 g an Tag 1, 8, 15 oder 4x 500 mg Erythromycin über 21 Tage.

Nicht gonorrhoische Urethritis

Bei symptomatischer STI ist die NAAT auf Gonokokken und Chlamydien die am häufigsten durchgeführte Untersuchung. Ist das Ergebnis in beiden Fällen negativ bzw. bei rezidivierender Urethritis sollte man sofern möglich eine Multiplex-PCR veranlassen. Die Multiplex-PCR bietet den Vorteil, das Spektrum aller Koinfektionen zu erfassen, und erlaubt so eher, eine kalkulierte Therapie anzusetzen, die bekannte Resistenzmuster berücksichtigt und de novo-Resistenzbildungen vermeidet. Multiplex-Technologien, die zusätzlich bekannte Resistenzgenotypen erfassen, erlauben eine der individuellen Situation angepasste gezielte STI-Therapie.

MYcoplasmen

Dieser Abschnitt wurde deutlich erweitert. Bei Mycoplasma genitalium (positive NAAT) bleibt Azithromycin initial 1 g p.o. Tag 1, 500 mg Tag 2-5 (bei Makrolidempfindlichkeit); ggf. nach Vorbehandlung mit Doxycyclin 100 mg 2x tgl. p.o. für 7 d. Gleichwertige Alternative ist Azithromycin 1,5-2 g p.o. einmalig (bei Makrolidempfindlichkeit); ggf. gleichzeitig Doxycyclin 100 mg 2x tgl. p.o. für 7 d. Eine Therapiekontrolle ist wegen de novo-Resistenzbildung indiziert. Alternativen sind Moxifloxacin 400 mg 1x tgl. p.o. für 7-10 d (bei Azithromycinresistenz) oder neu Pristinamycin 1 g 4x tgl. p.o. für 10 d (bei Therapieversagen unter Moxifloxacin). Der neu in das Verzeichnis aufgenommene Erreger Mycoplasma hominis wird bei Symptomen ohne anderweitigen Erregernachweis mit einmal Doxycyclin 200 mg, alternativ Azithromycin 1x 1,5 g behandelt.

Abstinenz Partnerbenachrichtigung
und -untersuchung
Partner*innen-Mitbehandlung Therapie-erfolgskontrolle
Gonorrhoe Bis min. 1 Woche nach Abschluss der Behand
-lung; besser bis zur Therapieerfolgskontrolle
Ja, Partner*innen der letzten 6 Monate Ja 4 Wochen nach Therapieende, Kultur + NAAT
Chlamydien Während der gesamtenBehandlungs-dauer Ja, Partner*innen der letzten 6 Monate Ja, bei positivem Befund und, falls Testung nicht möglich, auch ohne Labornachweis Frühestens 8 Wochen nach Therapieende
Syphilis Bei Frühsyphilis:
7 Tage
Bei Spätsyphilis:
21 Tage
Ja, bei primärer Syphilis:
Partner*innen der letzten drei Monate; bei sekundärer Syphilis: Partner*innen der letzten 12 (-24) Monate
Ja, bei positivem Befund und, falls regelmäßige serologischeNachkontrolle nicht möglich, auch vorsorgliche Therapie 3-4 Wo. nach Beginn der Therapie, dannin dreimonatigen Intervallen im erstenJahr nach Therapie
Tricho-moniasis 1 Wo. nach Abschluss der Behandlung und beiSymptomfreiheit Ja, Partner*innen der letz-
ten 4 Wochen vor Infektion
Ja, unabhängig von möglichenTestergebnissen Nur bei anhaltender Symptomatik oderRezidiv empfohlen!
M. genita-lium Bis zur Therapieerfolgs-kontrolle Ja, Partner*innen der letzten 6 Monate Ja, bei positivem Befund Ja, frühestens 4 Wo. nach Therapieende

Tab  Wie lange bin ich ansteckend? Wann könnte ich mich angesteckt haben?

Ureaplasmen

Die Diagnostik von Ureaplasmen ist nur bei rezidivierender Urethritis ohne Gonokokken, Chlamydien und Mycoplasma genitalium angezeigt und die Therapie auch nur dann, wenn diesen Erregern Symptome zugeordnet werden können. Der Test sollte zwischen U. urealyticum und U. parvum differenzieren, da für eine Urethritis ohne Neisserien/Chlamydien in erster Linie U. urealyticum in Betracht kommt. Die Kultur unterscheidet nicht zwischen U. parvum (manchmal pathogen) und U. urealyticum.

Ureaplasma urealyticum behandelt man mit Doxycyclin 100 mg 2x tgl. p.o. 7 d, alternativ mit Clarithromycin 500 mg 2x tgl. p.o. 7 d oder Azithromycin 1,5 g einmalig p.o. (Resistenzen sind beschrieben). Ureaplasma parvum bei Symptomen ohne anderen Erregernachweis einmalig mit 200 mg Doxycyclin alternativ 1,5 g Azithromycin.

Syphilis

Praktische Übersicht

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Der handliche Leitfaden ist ein nützliches Nachschlagewerk für Klinik und Praxis. Gegen eine Schutzgebühr von 3 Euro pro Exemplar (zzgl. Portogebühren) kann man ihn in der DSTIG-Geschäftsstelle bestellen! Dazu eine kurze E-Mail an info@dstig.de schreiben. Es wurden bereits mehrere Tausend Exemplare verschickt.

Bei der Diagnostik und Therapie der Syphilis hat sich nicht viel geändert. Bei Frühsyphilis (<1 Jahr) bleibt die einmalige Gabe von 2,4 Mio Benzathin-Penicillin G i.m. Mittel der Wahl. Die Alternativen bei Penicillin-Allergie sind Ceftriaxon 2 g i.v. /d über 10 Tage, Doxycyclin 2x 100 mg/d über 14 Tage und neuerdings Erythromycin 4x 500 mg/d über 14 Tage.

Bei unbekanntem Infektionszeitpunkt sowie Spätsyphilis (<1 Jahr) gibt man in wöchentlichen Abständen drei Mal 2,4 Mio Benzathin-Penicillin G i.m. oder alternativ Doxycyclin oder Erythromycin über 28 Tage.

Gay Bowel Syndrom

Neu aufgenommen wurde das Gay Bowel Syndrom, das in der angloamerikanischen Literatur schon lange bekannt ist. Es handelt sich um einen Symptomkomplex bedingt durch Infektionen, nicht-infektiöse Entzündungen und Trama. Behandelt wird entsprechend der führenden Ursachen, im Falle von STI erreger-spezifisch.

HPV-Impfung

Hier werden die amerikanischen und europäischen Empfehlungen zitiert, die weit über die in Deutschland auf junge Menschen beschränkte Indikation hinaus gehen. Die FDA empfiehlt die Nachimpfung für Männer und Frauen bis zum vollendeten 45. Lebensjahr. Die EACS empfiehlt die Impfung für HIV-positive MSM bis 40 Jahre.


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