Interview mit Dr. Dietrich Hüppe, Herne 
GBA-Beschluss zu Sofosbuvir Auf die richtige Strategie kommt es an

Seitdem der GBA in einigen Situationen „keinen Zusatznutzen“ von Sofosbuvir sieht, geht bei den Ärzten die Angst vor dem Regress um. Doch mit der richtigen Strategie kann man allen Patienten eine Interferon-freie Therapie anbieten.

Was bedeutet der GBA-Beschluss für den behandelnden Arzt?

Dr. Dietrich Hüppe, Herne

Dr. Hüppe: Zunächst einmal kann man davon ausgehen, dass Behandlungen, die vor dem Beschluss, d.h. vor 17. Juli eingeleitet wurden, keinen Regress auslösen, denn hier gilt das Vertrauensprinzip. Dies gilt von der Zulassung eines Medikaments bis zur Bewertung durch den GBA.

Nun ist der Beschluss ja veröffentlicht...

Dr. Hüppe: Richtig und er ist für alle nach dem 17. Juli eingeleiteten Therapien bindend. Ein „Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen“ bedeutet schon einmal Schutz vor Regress. Sieht der GBA jedoch „keinen Zusatznutzen“ muss man genau belegen, warum man in diesem Einzelfall doch so behandelt. Das ist möglich, aber sicherlich schwierig, wird aber in der Praxis wohl keine Rolle spielen, denn Patienten und Ärzte wollen doch die Interferon-freie Therapie.

Was sagt der GBA-Beschluss zur Interferon-freien Behandlung?

Patientengruppe SOF-haltige therapie
vs. Zweckmäßige Vergleichstherapie
Bewertung
GT1 TN ohne Zirrhose SOF + PEG + RBV
vs. PEG + PI (BOC oder TVR) + RBV
oder PEG + RBV
Anhaltspunkt für
einen geringen ZN
GT1 TN mit Zirrhose SOF + PEG + RBV
vs. PEG + RBV
Anhaltspunkt für
einen geringen ZN
GT1 TE SOF + PEG + RBV
vs. PEG + PI (BOC oder TVR) + RBV
ZN nicht belegt
GT2 TN SOF + RBV vs. PEG + RBV Hinweis auf einen
beträchtlichen ZN
GT2 TE SOF + RBV vs. PEG + RBV Anhaltspunkt für
einen geringen ZN
GT3 TN + TE SOF + RBV vs. PEG + RBV Anhaltspunkt für
einen geringen ZN
GT3 TN + TE SOF + PEG + RBV vs. PEG + RBV ZN nicht belegt
GT 4,5,6 TN + TE SOF + PEG + RBV vs. PEG + RBV ZN nicht belegt
HIV–Koinfizierte
GT1 bis 6 (TN + TE)
SOF + PEG + RBV
SOF + RBV vs. PEG + RBV
Anhaltspunkt für
einen geringen ZN

Nutzenbewertung des GBA vom 17. Juli 2014

Dr. Hüppe: Dazu sagt der GBA gar nichts. In diesem Beschluss wird die Interferon-basierte Therapie mit Sofosbuvir (außer bei GT2) mit der dualen Therapie bzw. der Tripletherapie mit Boceprevir oder Telaprevir verglichen. Macht man eine Interferon-freie Therapie mit Sofosbuvir plus Simeprevir und ggf. bald plus Daclatasvir bewegt man sich außerhalb dieses Beschlusses und damit außerhalb der „Regressfalle“. Doch nicht nur dies spricht für die Interferon-freien Therapien, sie sind auch kürzer, effektiver und verträglicher.

Das heißt kein Regress bei Sofosbuvir plus Simeprevir oder ggf. plus Daclatasvir?

Dr. Hüppe: Vorsicht! So pauschal kann man das nicht sagen. Die Krankenkassen werden in jedem einzelnen Fall überprüfen, ob der Doktor einen Fehler gemacht hat, d.h. es werden die Indikationsstellung, die Behandlungsdauer usw. überprüft. Kein Regress droht, wenn man sich genau an den Zulassungstext hält. Man muss dokumentieren, dass eine dringliche Indikation besteht und Interferon kontraindiziert bzw. nicht verträglich ist.

Damit bleibt – sofern die Indikation bei Daclatasvir nicht weiter gefasst ist – die Frage, wie man Patienten ohne dringliche Indikation behandelt, z.B. Patienten mit GT1 nach Tripletherapie und ohne Zirrhose?

Dr. Hüppe: Bei diesen Patienten würde ich warten. Es besteht keine dringliche Therapieindikation und die Patienten können auf neue Therapieoptionen warten. Selbst wenn es wieder einen neuen GBA-Beschluss zu Sofosbuvir/Simeprevir bzw. Daclatasvir gibt, stehen mindestens zwei weitere Optionen kurz vor der Tür, nämlich Sofosbuvir/Ledipasvir von Gilead Sciences und die 3DAA-Kombination von Abbvie. Die Zulassung dieser Medikamente wird alle Patientengruppen umfassen. Bei richtiger Verordnungsstrategie können wir alle Patienten ohne Regressgefahr behandeln.

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