HANSA 2012 – North European Workshop on HIV-Infection in the CSF, 03.-05. Mai 2012 in Hamburg
HIV und ZNS

Auf dem HANSA-Workshop trafen sich renommierte HIV-Experten und Neurologen, um über HIV-assoziierte neurokognitive Störungen zu diskutieren. Das Fazit: Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit sind trotz effektiver antiretroviraler Therapie häufig und bedürfen der differentialdiagnostischen Abklärung. 

Hansa-2012

HIV-assoziierte neurokognitive Störungen (HAND) waren in der CHARTER-Studie bei fast jedem zweiten Patienten nachweisbar. Ein Drittel davon hatten eine asymptomatische Störung (ANI), d.h. der Patient bemerkt keine Einschränkung, die Störung ist allerdings in spezifischen Tests nachweisbar. Probleme im Alltag und damit eine milde neurokognitive Störung (MND) hatten 12% der HIV-Infizierten und 2% litten an einer HIV-assoziierten Demenz. Wichtigster Risikofaktor für die Erkrankung war ein niedriger CD4-Nadir.

Im Rahmen der CHARTER-Studie waren Daten von amerikanischen Patienten aus den Jahren 2003-2007 ausgewertet worden. Neurokognitive Störungen sind somit trotz effektiver antiretroviraler Therapie ein häufiges Phänomen und nach Meinung von Ron Ellis, San Diego, auch ein relevantes Problem, denn sie können die berufliche Leistungsfähigkeit und die Adhärenz einschränken.

Gezielte Fragen

Routinemäßige Screening-Untersuchungen auf HAND lehnte die Mehrzahl der Experten trotz der hohen Prävalenz vor allem aus Praktikabilitätsgründen ab.  Dennoch kann man durch Zuhören und gezielte Fragen Hinweise auf eine Einschränkung der kognitiven Leistung bekommen. Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, Konzentrationsschwächen und Gedächtnisprobleme können auf ein HAND hindeuten. Hier sollte man nach Ausschluss anderer Diagnosen wie Depression, metabolische Störung oder eine andere schwere Erkrankung, die neurologische Diagnostik vorantreiben und gegebenenfalls auch eine Liquorpunktion durchführen. Virale Durchbrüche im Liquor sind beschrieben ebenso wie die Besserung der Störung nach Umsetzen der ART auf Substanzen mit besserem CPE (CNS-Penetration-Effectivness)-Score.

Auf CPE-Score achten

ZNS-Penetration-Effektivität-Score 2010. Nach Letendre SL, et al. 17th CROI 2010, Abstract 172
Abb. 1  ZNS-Penetration-Effektivität-Score 2010. Nach Letendre SL, et al. 17th CROI 2010, Abstract 172

Der CPE-Score für antiretrovirale Medikamente wurde/wird von Scott Letendre, San Diego, entwickelt und gilt als Maß für die ZNS-Gängigkeit und ZNS-Wirksamkeit einer Substanz. Grundlagen sind die pharmakologischen Eigenschaften der Substanz, das Verhältnis von Konzentration im Liquor und IC50, pharmakodynamische und (falls vorhanden) klinische Daten (Abb. 1). Angesichts der Prävalenz von HIV-assoziierten neurokognitiven Einschränkungen auch unter einer funktionierenden Therapie empfiehlt Letendre, bereits von Anfang an auf den ZNS-Schutz zu achten. „Einige der von amerikanischen Leitlinien an erster Stelle genannten Regime erfüllen diese Forderung nicht“, kritisierte Letendre. So hat der „bevorzugte“ Backbone Tenofovir/Emtricitabin beispielsweise einen niedrigeren CPE-Score als Abacavir/Lamivudin. Atazanavir/r erreicht häufig nicht ausreichende Konzentrationen im ZNS und Efavirenz hat einen neurotoxischen Effekt.    


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