Stimmen zum Statement

PD Hans Heiken, Hannover:

"Wir raten auch weiterhin bei therapierten HIV-Infizierten zum Safer Sex. Nur in speziellen Situationen, z.B. bei diskordanten Paaren mit Kinderwunsch, ist Sex ohne Kondom nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung eine Option."

Dr. Amina Carlebach, Frankfurt:

"Mir hat die Art, wie diese Meldung in den Medien dargestellt wurde, nicht gefallen. Solche Botschaften können leicht falsch verstanden werden und dann sind sie gefährlich. Ganz abgesehen davon, bin ich auch teilweise mit dem Inhalt nicht ganz einverstanden."

Siegfried Schwarze, Projekt Informationen, München:

"Die Präventionsbotschaften bleiben erst mal die alten, allerdings sehe ich eine deutliche Entlastung für Partnerschaften, die die "Schweizer Kriterien" erfüllen. Alle anderen müssen sich klar sein, dass es noch erhebliche Wissenslücken (und damit Restrisiken) gibt, die schnellstens abgeklärt werden müssen, z.B. die relativ unklare Datenlage zum Übertragungsrisiko beim Analverkehr mit einer Viruslast unter der Nachweisgrenze. Langfristig erhoffe ich mir einen positiven Effekt auf die Rechtssprechung und die Wahrnehmung HIV-positiver Menschen in der Öffentlichkeit, d.h. dass endlich begriffen wird, dass HIV ohnehin kein besonders infektiöses Virus ist und dass das Übertragungsrisiko durch die Therapie nochmals dramatisch gesenkt wird."

Dr. Werner Becker, München:

"Sicherheit für HIV-positive und ihre HIV-negativen Partner steht für mich an erster Stelle. Ich rate auch behandelten Patienten unter der Nachweisgrenze zum Safer Sex, denn wissenschaftliche Daten fehlen und Vermutungen reichen nicht aus."

Reaktionen auf das "Schweizer Papier"

UNAIDS & WHO "KORRIGIEREN" DIE SCHWEIZER

Das gemeinsame Statement von UNAIDS und WHO ist kurz nach der Schweizer Publikation erschienen. Darin weisen beide Organisationen darauf hin, dass bei Patienten unter antiretroviraler Therapie "in bestimmten Stadien der Behandlung" HIV im Blut nicht nachweisbar ist. Dennoch sei es nicht bewiesen, dass dies das Risiko einer Transmission ausschließt. Nach wie vor sei ein "Präventions-Paket inklusive korrektem und konsistentem Gebrauch von Kondomen" unverzichtbar (UNAIDS Genf, 1. Februar 2008). Englische Aktivisten bemängeln das Fehlen von Informationen zum analen Sex. Roger Peabody vom Terrence Higgins Trust in London: "Wir meinen, dass die wissenschaftliche Evidenz nicht schlüssig ist und einige wichtige Punkte nicht geklärt sind". Nach Meinung der französischen Aktivisten-Gruppe Act Up trifft das Schweizer Statement nur auf eine kleine Gruppe von HIV-Infizierten zu. Zudem hätten 40% der HIV-Infizierten trotz antiviraler Therapie eine nachweisbare Viruslast. Für den französischen nationalen AIDS-Rat waren die Befunde der Schweizer ebenfalls nicht schlüssig genug, um sie auf alle HIV-Patienten anzuwenden, die ihre Therapie einnehmen (Kaiser Daily HIV/AIDS Report 31. Januar 2008).

DEUTSCHE STELLUNGNAHME

Am 27. Februar 2008 fand in Berlin auf höchster Ebene ein "Fachgespräch" zwischen Vertretern verschiedener Gesellschaften und Vereine statt, u.a. Deutscher AIDS-Hilfe (DAH), Robert Koch-Institut (RKI), Deutscher AIDS Gesellschaft (DAIG), Deutscher Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der HIV-Versorgung (DAGNÄ), des Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), Bundeszentrale für Gesundheit und Aufklärung (BZGA), European AIDS Treatment Group (EATG) und Community. Bei Redaktionsschluss lag noch keine Stellungnahme vor. Nach ersten Verlautbarungen konnte ein Kompromiss gefunden werden. An der exakten Formulierung wird noch gearbeitet.

KOMMENTAR DES EIDGENÖSSISCHEN BUNDESAMTES FÜR GESUNDHEIT

In einem kurzen Kommentar empfiehlt das Schweizer Gesundheitsamt den Ärzten und Ärztinnen, in Behandlung stehende HIV-infizierte Personen über die neuen Erkenntnisse der EKAF zu informieren und serodifferente Paare zu beraten. Diese Information sei für einige tausend Personen wichtig, die die von der EKAF genannten Voraussetzungen erfüllen. Für alle anderen ändert sich nichts. Bei Gelegenheitsbegegnungen und neuen Partnerschaften schützt einzig Safer Sex.

www.bag.admin.ch/hiv_aids/04488/index.html?lang=de

Wie kam es zum EKAF-Statement?


Quelle: Swiss AIDS News, Ausg. Februar 2008, S.2

Vor genau einem Jahr, im Februar 2007, hatte das Eidgenössische Bundesamt für Gesundheit (BAG), nicht zuletzt auf Bitte der Aids-Hilfe Schweiz (AHS) die EKAF eingeladen, die Frage zu beantworten, ob HIV-Infizierte unter ART mit einer Viruslast unter der Nachweisgrenze infektiös sind. Die EKAF ihrerseits bat in der Folge ihre Fachkommission für Klinik und Therapie (FKT), die vorliegende Evidenz zu dieser Frage zusammenzutragen und eine Empfehlung zu formulieren. Die FKT hatte ihre Empfehlung dann im Herbst letzten Jahres der EKAF übermittelt. Die EKAF wiederum hat einen Beschluss gefasst und der Sektion Aids des BAG zugestellt. Im BAG wurde schließlich in Abstimmung mit der Aids-Hilfe Schweiz entschieden, die von der EKAF-Empfehlung betroffenen Gruppen sowie die übrige Öffentlichkeit gezielt zu informieren. Das BAG betont, dass dies keine HIV-Präventionsbotschaft ist, sondern die Feststellung einer erfreulichen "Nebenwirkung" einer medizinisch indizierten HIV-Therapie.

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