Hypertonie – Leitlinien der deutschen Hypertonieliga

Die Leitlinien der Deutschen Hochdruckliga wurden 2008 verfasst auf dem Boden der aktuellen Leitlinien der European Society of Hypertension (ESH) und der European Society of Cardiology (ESC). Im Mittelpunkt der Empfehlungen steht das kardiovaskuläre Gesamtrisiko des Patienten. Dies ist sowohl bei der Indikation zur Therapie als auch bei der Auswahl der Medikation zu berücksichtigen, wobei auch die Behandlung von älteren Patienten sinnvoll ist.

Der enge lineare Zusammenhang zwischen Höhe des Blutdrucks und kardiovaskulärem Risiko macht jede numerische Definition und Klassifikation der Hypertonie willkürlich. Daher sollte die Hypertonie als Blutdruckhöhe definiert werden, ab welcher Diagnostik und Behandlung für den Patienten von Vorteil sind. Dementsprechend ist ein hoch normaler Blutdruck (Tab. 1) bei Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko bereits als Hypertonie zu bewerten, während er bei Patienten mit einem niedrigen Risikoprofil noch akzeptabel ist.

Kategorie Systolisch Diastolisch
Optimal
<120
<80
Normal
120-129
80-84
Hoch normal
130-139
85-89
Grad 1 Hypertonie (leicht)
140-159
90-99
Grad 2 Hypertonie (mittelschwer)
160-179
100-109
Grad 3 Hypertonie (schwer)
≥180
≥110
Isolierte systolische Hypertonie ≥140
<90

Tab. 1: Definitionen und Klassifikation der Blutdruckwerte (mmHg)

Therapie

Die Leitlinien für den Beginn einer antihypertensiven Behandlung basieren vorwiegend auf zwei Kriterien:

  • Der Höhe des systolischen und diastolischen Blutdrucks (Tab. 1)
  • Dem kardiovaskulären Gesamtrisiko des Patienten (Abb. 1)

Das Hauptziel bei der Behandlung von Hypertonikern ist die Reduktion des kardiovaskulären Gesamtrisikos. Dies erfordert sowohl die Senkung des Blutdrucks als auch die Therapie aller zusätzlicher Risikofaktoren. Bei allen Hypertonikern sollte der Blutdruck mindestens auf Werte <140/90 mmHg gesenkt werden. Bei Diabetikern und Hypertonikern mit hohem kardiovaskulären Risiko liegt der Zielwert <130/80. Bei Patienten mit Niereninsuffizienz und einer Proteinurie >1g/d wird ein Zielblutdruck <125/75 mmHg als erforderlich angesehen.

Andere Risikofaktoren und
Krankheitsgeschichte
Normal
SBD 120-129 oder
DBD 80-84 mmHg
Hoch normal
SBD 130-139 oder
DBD 85-89 mmHg
Grad 1
SBD 140-159 oder
DBD 90-99 mmHG
Grad 2
SBD 160-179 oder
DBD 100-109 mmHg
Grad 3
SBD .180 oder
DBD .110 mmHg
Keine anderen Risikofaktoren Durchschnittliches Risiko Durchschnittliches Risiko Leicht erhöhtes Risiko Mäßig erhöhtes Risik Stark erhöhtes Risiko
1-2 Risikofaktoren Leicht erhöhtes Risiko Leicht erhöhtes Risiko Mäßig erhöhtes Risiko Mäßig erhöhtes Risiko Sehr stark erhöhtes Risiko
3 oder mehr Risikofaktoren
oder Endorganschäden oder
DM oder MS
Mäßig erhöhtes Risiko Stark erhöhtes Risiko Stark erhöhtes Risiko Stark erhöhtes Risiko Sehr stark erhöhtes Risiko
Klinisch manifeste kardiovaskuläre Erkrankung Sehr stark erhöhtes
Risiko
Sehr stark erhöhtes
Risiko
Sehr stark erhöhtes
Risiko
Sehr stark erhöhtes
Risiko
Sehr stark erhöhtes
Risiko
SBD = systolischer Blutdruck; DBD = diastolischer Blutdruck. Der Begriff „erhöht“ bedeutet, dass das Risiko höher als durchschnittlich ist.
DM = Diabetes mellitus, MS = Metabolisches Syndrom

Abb. 1: Kardiovaskuläres Gesamtrisiko


Bei der Therapie kommen fünf Gruppen zum Einsatz: Thiaziddiuretika (ebenso Chlorthalidon und Indapamid), Beta-Blocker, Calciumantagonisten, ACE-Inhibitoren und AT1-Antagonisten. Die Wahl des richtigen Antihypertensivums richtet sich nach den individuellen Besonderheiten des Patienten (Tab. 2). Einmal tägliche Regime sind zu bevorzugen. Die Wirksamkeit sollte durch eine Blutdruckmessung morgens vor der ersten Medikamenteneinnahme oder eine Langzeitmessung kontrolliert werden. 

Gruppe Vorteil / einsetzen bei
Nachteil / nicht einsetzen bei
Thiaziddiuretika
Herzinsuffizienz
Hypokaliämie, Hyperurikämie,
Diabetes, metabolischem Syndrom
Beta-Blocker
Koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen
Asthma bronchiale, AV-Block II oder III , Diabetes mellitus, metabolischem
Syndrom
Calciumantagonisten
Stabile Angina pectoris
AV-Block (Nicht-Dihydropyridine), Ödeme (Dihydropyridine), instabile Angina pectoris, akuter Herzinfarkt (erste vier Wochen)
ACE-Inhibitoren
Herzinsuffizienz, Zustand nach Herzinfarkt, diabetische Nephropathie
Schwangerschaft, Hyperkaliämie, beidseitigen Nierenarterienstenosen
AT1-Antagonisten
Herzinsuffizienz, Zustand nach Herzinfarkt, diabetische Nephropathie, Unverträglichkeit von ACE-Inhibitoren
Schwangerschaft, Hyperkaliämie, beidseitigen Nierenarterienstenosen

Tab. 2: Empfehlungen zum praktischen Vorgehen: Differentialtherapeutische Überlegungen beim Einsatz von Antihypertensiva

Bei Patienten mit Hypertonie – Grad 2 oder 3 – oder bei einem hohen kardiovaskulären Risiko sollte eine primäre Kombinationstherapie erwogen werden. Bei Hypertonikern mit mäßig erhöhtem Risiko und insbesondere bei älteren Patienten sollte die Blutdrucksenkung schrittweise über mehrere Wochen erfolgen. Bei der Kombinationstherapie haben sich folgende Kombinationen als effizient und gut verträglich herausgestellt:

  • Diuretika und ACE-Inhibitoren bzw. AT1-Antagonisten
  • Dihydropyridin-Calciumantagonisten und Beta-Blocker
  • Calciumantagonisten und ACE-Inhibitoren bzw. AT1-Antagonisten
  • Calciumantagonisten und Diuretika
  • Beta-Blocker und Diuretika

Abb. 2: Kombinationen unterschiedlicher Gruppen von Antihypertensiva. Synergistische Kombinationen sind
      durch grüne Linien, mögliche Kombinationen durch rote Linien gekennzeichnet

Abb. 2: Kombinationen unterschiedlicher Gruppen von Antihypertensiva.
Synergistische Kombinationen sind durch grüne Linien, mögliche Kombinationen durch rote Linien gekennzeichnet

Für Dreierkombinationen kommen insbesondere in Frage:

  • Diuretikum + ACE-Inhibitor + Calcium-Antagonist
  • Diuretikum + AT1-Antagonist + Calcium-Antagonist
  • Diuretikum + Beta-Blocker + Vasodilatator*
  • Diuretikum + zentrales Antisympathikotonikum + Vasodilatator*
  • hier subsummiert: Calciumantagonisten, ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, Alpha 1-Blocker, Dihydralazin

Ältere Patienten

Auch bei Patienten über 60 Jahre vermindert die Behandlung der systolisch/diastolen sowie der isoliert systolischen Hypertonie die Gesamtletalität deutlich. Der Zielblutdruck liegt (wie bei Jüngeren) bei <140/90 mmHg, bei über 80jährigen bei <150/80 mmHg. Die Blutdrucksenkung sollte langsam erfolgen wegen der erhöhten Gefahr von Nebenwirkungen, insbesondere von orthostatischem Blutdruckabfall.                                                        RP

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