Linn Mehnert, Leipzig Und Birte Siem, Hagen
Die Rolle des Gesundheitsstatus einer Beraterin bei Beratungsangeboten für Frauen mit HIV

In einer experimentellen Untersuchung der FernUniversität in Hagen wurde geprüft, ob sich die gemeinsame
Erkrankung an einer stigmatisierenden Erkrankung zwischen einer ratsuchenden und einer beratenden Person
förderlich auf die Annahmebereitschaft eines HIV-spezifischen Beratungsangebotes auswirkt.

Abb. 1 Mittelwerte über die drei Versuchsbedingungen (n=89)Abb. 1 Mittelwerte über die drei Versuchsbedingungen (n=89)
Abb. 1 Mittelwerte über die drei Versuchsbedingungen (n=89)

In der bundesweiten Online-Studie wurde die Rolle wahrgenommener Ähnlichkeit auf Grund gemeinsamer Lebenserfahrungen durch eine HIV-Infektion im Rahmen eines Beratungsangebotes untersucht. Dazu wurden die Daten von insgesamt 89 in Deutschland lebenden Frauen mit HIV ausgewertet. Neben demografischen Daten wurden auch das Stigmatisierungserleben auf Grund der HIV-Infektion, das Selbstwertgefühl und die Unterstützung aus dem sozialen Umfeld erfasst. Im experimentellen Teil der Erhebung wurden die Teilnehmerinnen gebeten, sich eine Interaktion mit einer auf einem Steckbrief präsentierten Beraterin für ein HIV-spezifisches Problem vorzustellen. Per Zufallsprinzip wurde ihnen einer von drei Steckbriefen vorgelegt, in denen die Ähnlichkeit variiert wurde und die Beraterin a) selbst auch mit einer HIV-Infektion lebt, b) nicht mit einer HIV-, aber einer Hepatitis C-Infektion lebt bzw. c) weder mit einer HIV- noch mit einer Hepatitis C-Infektion lebt. Die Teilnehmerinnen wurden gebeten, die fiktive Beraterin in Hinblick auf ihre wahrgenommene Ähnlichkeit, ihre Empathie und Glaubwürdigkeit einzuschätzen und anzugeben, inwieweit sie bereit sind, ein Beratungsangebot mit dieser Beraterin für ein HIV-spezifisches Problem anzunehmen. Frauen in der Gruppe mit einer HIV-positiven Beraterin nahmen diese als ähnlicher zu sich selbst wahr und zeigten eine signifikant stärkere Annahmebereitschaft gegenüber dem Beratungsangebot als Frauen in den Gruppen mit einer HIV-negativen Beraterin.

Höhere Glaubwürdigkeit

Der positive Zusammenhang zwischen wahrgenommener Ähnlichkeit und Annahmebereitschaft eines Beratungsangebotes konnte durch die erwartete Glaubwürdigkeit und Empathie der Beraterin erklärt werden. Frauen nahmen eine Beraterin, die selbst auch mit HIV lebt, als mitfühlender, authentischer, vertrauenswürdiger und erfahrener im Umgang mit HIV-spezifischen Problemen wahr, was wiederum die Annahmebereitschaft gegenüber dem Beratungsangebot förderte.

Besonders stark war der Effekt einer ähnlichen Beraterin auf die Annahmebereitschaft des Beratungsangebotes bei vulnerablen Frauen, die ein hohes HIV-Stigma erlebten, ein geringes Selbstwertgefühl hatten oder bzw. und wenig Unterstützung in ihrem sozialen Umfeld erfuhren. Diese Frauen nahmen ein Beratungsangebot von einer Beraterin, die ohne HIV lebt, deutlich weniger an, zeigten jedoch bei einer Beraterin mit HIV einen starken Anstieg in der Annahmebereitschaft. Eine Beraterin, die auch mit HIV lebt, ist vor allem für die Frauen wichtig, die möglicherweise am stärksten von einem Beratungsangebot profitieren können.

In der Studie hatten Frauen mit einem hohen HIV-Stigmatisierungserleben ein geringeres Selbstwertgefühl und nahmen weniger soziale Unterstützung in ihrem Umfeld wahr als Frauen mit niedrigem Stigmatisierungserleben. Frauen, die neben ihrer HIV-Infektion auch mit einer Hepatitis C-Koinfektion lebten (n=22), nahmen eine Stigmatisierung außerdem besonders intensiv wahr.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Gesundheitsstatus von Beraterinnen einen Einfluss auf die Annahmebereitschaft von Beratungsangeboten für Frauen mit HIV hat. Es wird empfohlen, Projekte, die nach einem Peer-to-peer-Ansatz arbeiten, zu fördern und auszubauen sowie Frauen, die mit HIV leben, als Beraterinnen auszubilden und stärker in der HIV/AIDS-Beratung zu beschäftigen.

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