die Initiative Plus
Unterstützung für suchtkranke Menschen mit Hepatitis C

PLUS Deutsche Leberhilfe

Das Aktionsbündnis PLUS wurde 2014 mit dem Ziel gegründet, die Versorgungs- und Lebenssituation  suchterkrankter Menschen mit besonderem Blick auf deren Hepatitis-C-Erkrankung zu verbessern.

Aktuell gibt es in Deutschland wenige Angebote für Menschen mit einer langjährigen Suchtkarriere und der Begleiterkrankung Hepatitis C. Der größte Teil der Neuinfektionen ist auf intravenösen Drogenkonsum zurückzuführen. Die Betroffenen, die neben der rein medizinischen Versorgung ein umfassendes, aufeinander abgestimmtes Hilfsangebot benötigen, um langfristig von einer Verbesserung der Lebensumstände zu profitieren, erhalten dieses in den seltensten Fällen. Dies spiegelt sich auch in den Versorgungszahlen wider – die Chancen auf eine innovative Hepatitis-C-Therapie für Menschen, die sich in einer Substitutionstherapie befinden, sind signifikant geringer wie die der deutschen Allgemeinbevölkerung.1 Menschen mit aktivem Drogengebrauch erhalten vermutlich noch wesentlich seltener Zugang zu HCV-Therapien. Das möchte das Aktionsbündnis ändern. Es haben sich Partner aus Wohlfahrtsverband, Patientenorganisation und pharmazeutischer Industrie zu einem einzigartigen Aktionsbündnis zusammengetan, um die hierfür nötigen Weichen langfristig im Sinne der Betroffenen zu stellen. Der Caritasverband für Stuttgart e.V., die Deutsche Leberhilfe e.V. und die AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG wollen das Problem ganzheitlich angehen und die Situation der Hepatitis-C-Betroffenen in Deutschland durch adäquate und umfassende Unterstützung von Patienten maßgeblich positiv beeinflussen. Das Aktionsbündnis PLUS arbeitet patientengruppenspezifisch an Lösungen zur Verbesserung der sozialen und gesundheitlichen Lage.

SUCHTERKRANKUNG UND HEPATITIS C

Hepatitis C ist eine Erkrankung der Leber, von der etwa 300.000 Menschen in Deutschland betroffen sind.2 Oft leben die Betroffenen über Jahre mit der Infektion. In den ersten sechs Monaten kann der Körper die Erkrankung in rund 20% aller Fälle von selbst ausheilen.3 Geschieht das nicht, spricht man von einer chronischen Hepatitis C. Die Entzündung der Leber, zu der die Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus führt, schreitet oft unbemerkt über einen längeren Zeitraum voran. Die chronische Erkrankung kann zu einer Leberschädigung, Leberzirrhose, Leberkrebs und schließlich zum Tod führen.4 2.500 Menschen in Deutschland sterben jährlich an Leberversagen als Folge einer chronischen HCV-Erkrankung.2

SUCHT IN DEUTSCHLAND

Die Zahl der Drogenabhängigen in Deutschland ist schwer zu schätzen. Etwa 174.000 Menschen gelten in Deutschland als heroinabhängig,5 rund 78.500 Drogenabhängige erhalten derzeit eine Substitutionsbehandlung.6 Ihr Leben prägt häufig ein komplexes Geflecht aus psychischen, sozialen und gesundheitlichen Problemen, die die Hoffnung auf eine bessere Zukunft verdrängen: Vielen fehlt eine eigene Wohnung und sie haben kaum ausreichende Mittel zur Verfügung, um ihren Alltag zu bewältigen.7 Häufig werden soziale Kontakte lediglich zu Menschen innerhalb der Drogenszene und zu Akteuren des Hilfesystems gehalten.

SUCHT UND HEPATITIS C

Für nur 25% der Hepatitis-C-Betroffenen ist der Übertragungsweg bekannt. Intravenöser Drogenkonsum gilt in 87% der HCV-Neuinfektionen als Übertragungsweg für das Hepatitis-C-Virus in Deutschland.8 Gleichzeitig sind die Chancen auf eine innovative Hepatitis-C-Therapie für substituierte Menschen nur halb so hoch wie die der Menschen ohne Suchtproblematik.1 Bei Menschen mit aktivem Drogengebrauch werden deutlich niedrigere Therapieraten vermutet. Studien belegen jedoch, dass die Adhärenz von Substitutionspatienten aufgrund des intensiven und eng verzahnten Unterstützungsnetzwerks teilweise über dem der Gesamtbevölkerung liegt.9 Durch die regelmäßigen Arztkontakte wird dieser Umstand deutlich begünstigt.

Der Zugang zu innovativen Hepatitis-C-Therapien ist für Menschen ohne Suchtproblematik deutlich erfolgsversprechender. Gesellschaftliche Randgruppen wie Suchtmittelabhängige, Substituierte und Abstinenzwillige werden bei dieser Thematik diskriminiert. Ein Problem ohne konkrete Lösungsstrategie.1

Um Betroffene in diesen komplexen Problemsituationen nachhaltig zu unterstützen und die Lebensqualität zu steigern, ist es notwendig, dass Akteure aus dem Gesundheits- und Sozialsystem zusammenarbeiten. AbbVie Deutschland hat sich deshalb an den Caritasverband für Stuttgart und die Deutsche Leberhilfe gewandt, um gemeinsam die Versorgung von suchtkranken Menschen – auch im Hinblick auf Hepatitis C – sowie die soziale Lebenssituation als Basis für die Schaffung eines Gesundheitsbewusstseins zu verbessern. Aus den jeweiligen Blickwinkeln der einzelnen Partner wurden spezifische Kompetenzen und Einsatzbereiche deutlich. Die Idee des Aktionsbündnisses entstand – mit der Mission, sich gemeinsam und bedarfsgerecht zu engagieren, um die Versorgungsqualität von HCV-Patienten zu verbessern.

„TEILHABEN, TEILNEHMEN, TEIL SEIN“

Spritzenübergabe zwischen Sozialberater und Klient
Spritzenübergabe zwischen Sozialberater und Klient
© Fotos: Caritas Stuttgart

Das PLUS-Konzept ist partizipativ ausgelegt. Die Projektmaßnahmen werden gemeinsam mit den Hepatitis-C-erkrankten Drogengebrauchenden, Substitutionspatienten und Abstinenzwilligen erarbeitet. Hierdurch werden Betroffene zu Beteiligten gemacht und die Motivation gesteigert. Die Entwicklung des Projekts verläuft gemeinschaftlich und bedarfsorientiert und spricht die Zielgruppe daher gezielt an. Dies ist besonders wichtig, da die Gesundheit für Drogenabhängige häufig nicht im Fokus steht. Durch die PLUS-Aktivitäten können wir eine Interessensverschiebung erzielen und das Thema Gesundheit mehr in den Vordergrund rücken.

Hepatitis C ist aber nur ein Teil des Puzzles. Der ganzheitliche Ansatz bringt ein weites Spektrum an Zielen zur Bekämpfung von Hepatitis C mit sich:

  • Die Teilhabe, die Teilnahme sowie die Zugehörigkeit am gesellschaftlichen Leben der Betroffenen müssen unterstützt, gefördert und ermöglicht werden. Die PLUS-Maßnahmen unterstützen beispielsweise bei der Wohnungsfindung.
  • Selbstwirksamkeit und Selbstständigkeit der Betroffenen sollen gefördert und erhöht werden. In der Druckwerkstatt arbeitet der Künstler Uwe Schäfer gemeinsam mit den Erkrankten an individuellen Kunstwerken. In Zusammenarbeit mit der GK Quest Akademie und Prof. Dr. Joachim Körkel erhalten die Mitarbeiter der Caritas zudem Schulungen im „Motivational Interviewing“. Diese Art der Gesprächsführung soll Substitutionspatienten dazu animieren, bestimmte Probleme und entsprechende Lösungs-ansätze selbst zu erkennen und zu artikulieren.
  • Die Betroffenen sollen psychisch und sozial stabilisiert werden. Psychosoziale Beratung ist daher ein wichtiger Bestandteil zur Steigerung der Lebensqualität an Hepatitis-C-erkrankten Suchtpatienten und Abstinenzwilligen.
  • Die Hepatitis-C-Therapiebereitschaft soll gefördert werden, um die Fähigkeit und das Bewusstsein für ein positives Gesundheitsverhalten herzustellen. Die Deutsche Leberhilfe erstellt für Caritas-Mitarbeiter und Betroffene Materialien zum Krankheitsbild der Hepatitis C und führt Mitarbeiterschulungen durch.

PLUS-Ansatz auf andere Städte übertragen

Gruppensitzung in der Bibliothek
Gruppensitzung in der Bibliothek

Mit den ersten Pilotprojekten in Stuttgart, die niederschwellige Suchthilfe, psychosoziale Beratung und Selbsthilfe insbesondere in Bezug auf Hepatitis C miteinander verzahnen, hat das Aktionsbündnis bereits einen Best Case mit ganzheitlichem Ansatz vorgemacht.

Eine Evaluation wurde kürzlich durch das Institut für angewandte Sozialwissenschaften abgeschlossen. Die finalen Ergebnisse werden erstmals im Juli 2017 vorgestellt – schon die Zwischenergebnisse zeigten gute Erfolge. Ein zweites, regional adaptiertes PLUS-Projekt wurde bereits in Ludwigshafen etabliert, Gespräche mit weiteren interessierten Städten laufen.

1 Razavi H, et al. The present and future disease burden of hepatitis C virus infection (HCV) with today‘s treatment paradigm, Journal of Viral Hepatitis, 2014, 21, (Supp. 1), 34-593.

2 Razavi et al. Journal of Viral Hepatitis, 2014, 21, (Suppl. 1), 34-59.

3 Chen SL et al. International Journal of Medical Sciences. 2006; 3(2): 47-52.

4 Pschyrembel Online Premium. Berlin: de Gruyter 2004.

5 Substitutionsregister in Deutschland. Online publiziert unter: http://drogenbeauftragte.de/drogen-und sucht/illegale-drogen/heroin-und-andere-drogen/situation-in-deutschland.html. Letzter Stand: Juli 2012.

6 Robert Koch-Institut (RKI). Epidemiologisches Bulletin, Nr. 30, 2013.

7 Robert Koch-Institut (RKI). Abschlussbericht der Studie „Drogen und chronischen Infektionskrankheiten in Deutschland“ (DRUCK-Studie), Berlin 2016. 15-17

8 Hüppe et al. Epidemiologie der chronischen
Hepatitis C in Deutschland – Eine Analyse von 10326 Hepatitis-C-Virus-Infizierten aus Schwerpunktpraxen und -ambulanzen. Z Gastroenterol 2008; 46:34-44

9 Robaeys G, Grebely J, Mauss S et al. Clinical Infectious Diseases. 2013; 57 (S2):129-137.


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