Deutsch-österreichische Leitlinien Zur Art Bei Erwachsenen
Update 2019

Deutsch-Österreichischen LeitlinienDie Aktualisierung der Deutsch-Österreichischen Leitlinien zur antiretroviralen Therapie erweitert die Palette der Firstline-Therapieoptionen und empfiehlt wieder auch TDF/FTC als Backbone. Die duale Therapie ist aufgrund fehlender Langzeitdaten bei der Erstellung der Leitlinien noch eine Alternative. Generika sollten wo möglich eingesetzt werden, jedoch nicht aufgrund von administrativen Regularien und nicht gegen die Überzeugung von Arzt und/oder Patient.

Bei der Indikation zur Therapie hat sich nichts geändert. Die HIV-Infektion stellt grundsätzlich eine Behandlungsindikation dar. Auch bei asymptomatischen Patienten mit >500 CD4/µl sowie bei asymptomatischen/gering symptomatischen Patienten mit Serokonversion „sollte die Therapie erfolgen, ein Abwarten ist jedoch vertretbar“.

Initialtherapie

Firstline-Regime sollten in Studien eine hohe Effektivität zeigen, wobei nicht nur die Rate an viraler Suppression und die Verträglichkeit, sondern auch das Risiko des Versagens mit Resistenzentwicklung zu berücksichtigen ist. Zudem sollte die Medikamentenkombination einfach einzunehmen sein (möglichst unabhängig von Tageszeit oder Nahrungsaufnahme, koformuliert als Ein-Tabletten-Regime) und ein möglichst geringes Interaktionsrisiko besitzen. Besteht die Notwendigkeit, die Therapie noch vor dem Ergebnis der Resistenzanalyse zu beginnen,
befürworten viele Experten den Start mit einer Darunavir-, Dolutegravir- oder Bictegravir-basierten Kombination.

Neu in der Firstline

Im Vergleich zu amerikanischen Leitlinien ist die Palette der Firstline-Optionen in Deutschland breiter und umfasst neben den Integrasehemmer auch NNRTI und Proteasehemmer. Neu in der Riege der empfohlenen Firstline-Regime sind Bictegravir/TAF/TFC sowie Doravirin/TDF/3TC. Die Fixkombination Elvitegravir/c/TAF/FTC ist wegen der
geringeren Resistenzbarriere und des Boosters nur noch eine Alternative. Nach wie vor empfohlen werden Dolutegravir sowie Raltegravir, Rilpivirin und geboostertes Darunavir als third agent jeweils in Kombination mit zwei NRTI.

Backbone

Die Leitlinien empfehlen weiterhin die klassische Tripletherapie mit zwei NRTI als Backbone und einer dritten Substanz. Dabei sollen Lamivudin bzw. Emtricitabin bei fehlender Resistenz stets Bestandteil des Backbones sein. Grundsätzlich sollen auch bei den Backbones Fixkombinationen bevorzugt werden, weshalb Lamivudin plus TDF lediglich im Rahmen der Fixkombination mit Doravirin empfohlen ist.

Im Hinblick auf TDF bzw. TAF hat sich das Votum verschoben. TDF/TFC wurde in diesem Jahr wieder in die Riege der empfohlenen Kombinationen aufgenommen mit dem Verweis, dass in Kombination mit einem geboosterten Proteasehemmer (insbesondere ATV/r) oder geboostertem Elvitegravir mit einer erhöhten Toxizität zu rechnen ist (60% für empfohlen, 35% für Alternative). TAF, das im Vergleich zu TDF eine geringere Nieren- und Knochentoxizität aufweise, die Lipide jedoch nicht senkt, wird ebenfalls empfohlen, allerdings nicht in der Schwangerschaft und während einer Tuberkulose-Therapie.

Die Einordnung von ABC/3TC als „empfohlen” oder „Alternative“ wurde ebenfalls kontrovers beurteilt. 45% waren für Beibehaltung als „empfohlen“, 40% für dagegen, 15% Enthaltungen.

Nuke-Reduziertes 2DR

Zur dualen Therapie mit Dolutegravir/3TC lagen bei der Verabschiedung der Leitlinien im Juni 2019 lediglich die 48-Wochen-Daten der GEMINI-Studien vor. Aufgrund der fehlenden Langzeitdaten wurde diese Kombination als
„Alternative“ eingestuft. Die Fixkombination DTG/RPV wurde in der Initialtherapie nicht untersucht und ist für diese Indikation nicht zugelassen. Sie wird für die Initialtherapie daher nicht empfohlen.

Transmission

Die antiretrovirale Therapie reduziert das Risiko einer HIV-Transmission. Bei stabiler Senkung der Viruslast unter 50 Kopien/ml ist keine HIV-Übertragung zu erwarten. Kohortendaten ergaben zudem keine Übertragung innerhalb HIV-diskordanter Paare bei einer anhaltenden Viruslast <200 Kopien/ml. Die Bedeutung der Plasmavirämie hinsichtlich des Transmissionsrisikos sollte mit allen Patienten thematisiert werden.

Wirtschaftlichkeit

Die deutsche Fachgesellschaft empfiehlt, wo möglich Generika einzusetzen. Doch sie übt auch Kritik an der Politik und spricht sich gegen eine administrative Regulierung aus. Generika bieten bereits über den direkten Preisvergleich nachvollziehbare Einsparmöglichkeiten, allerdings erlauben Apothekenpreise nicht die Abschätzung der tatsächlichen Kosteneffektivität, da es aufgrund der Geheimhaltung der Rabattverträge für den Arzt keine Preistransparenz bei der Verordnung gibt. Zudem kann sich durch das AMNOG der Preis bereits verordneter Arzneien bis zu einem Jahr lang rückwirkend nachträglich ändern.

Die Auswahl individuell geeigneter antiretroviraler Behandlungsalternativen ist also – auch unter dem ökonomischen Blickwinkel – nur durch ein spezifisches medizinisches Fachwissen und eine genaue Kenntnis des individuellen Falles begründbar. Sie kann daher derzeit nicht schematisch von administrativer Ebene vorgegeben werden.

Bei der Wahl der Primärtherapie und einem medizinisch notwendigen Wechsel einer laufenden ART soll stets auch die Wirtschaftlichkeit mit bedacht werden. Eine gut vertragene Therapie sollte hingegen nicht ausschließlich – und entgegen den Wünschen und Überzeugungen von Arzt und Patient – wegen höherer Tages-Therapiekosten umgestellt werden. Andererseits wurde aber kürzlich in Studien bei HIV-positiven Menschen eine hohe Bereitschaft dafür gefunden, aus sozialer Verantwortung, ihre ART auf mutmaßlich gleichwertige, aber preiswertere Alternativen umzustellen, selbst wenn die nachfolgende Kombination für sie mit weniger einfachen Einnahmebedingungen verbunden war.

Aktuelle Leitlinien zur ART - Update 2019


Lietlinien 2017 und 2019 im Vergleich-


Zusammenfassung ohne Gewähr


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