Interview mit Dr. Mechtild Vocks-hauck, Berlin
Bundesverdienstkreuz für Dr. Mechtild Vocks-Hauck

Der Berliner Kinderärztin Dr. Mechtild Vocks-Hauck wurde am 30. September 2021 das Bundesverdienstkreuz
am Bande verliehen für ihr herausragendes Engagement für HIV-positive Kinder.

Dr. Mechtild Vocks-Hauck   BerlinDr. Mechtild Vocks-Hauck
Berlin

Wann kamen Sie zum ersten Mal in Berührung mit HIV-positiven Kindern?

Vocks-Hauck: Das war Ende der 80er Jahre. Damals war ich Assistenzärztin an der FU (Kinderklinik) in Berlin als die ersten Diagnosen gestellt wurden. Die HIV-Infektion wurde in der Regel erst erkannt, wenn die Kinder im Alter von mehreren Monaten krank wurden. Die HIV-Infektion der Mutter war häufig noch nicht bekannt.

Hatten Sie keine Berührungsängste?

Vocks-Hauck:Ich persönlich hatte nie wirklich Angst. Das Thema Infektiosität war natürlich da. Ich hatte damals selbst kleine Kinder und in meinem persönlichen Umfeld wurde darüber gesprochen. Ich kann mich auch erinnern, dass mich auf einer Feier gemeinsam mit den Patienten, deren hohe Viruslast ich kannte, der Gedanke streifte, doch Vernunft und Gelassenheit siegten stets.

In den 80er und 90er Jahren waren es vor allem Kinder von suchtkranken und afrikanischen Müttern. HIV und soziale Randgruppen, das ist kein Prestige-trächtiger Bereich. Dennoch haben Sie HIV zu Ihrem Thema gemacht.

Vocks-Hauck:Ursprünglich hatte ich ein anderes Spezialgebiet im Auge, doch HIV war neu und faszinierend, eine medizinische Herausforderung, ähnlich vielleicht wie COVID-19 heute. Die Mütter und Familien waren ebenfalls eine Herausforderung und nicht überall in der Klinik gerne gesehen. Aber ich war von Anfang an mit Leib und Seele dabei und bin es auch heute noch.

In den 90er Jahren haben Sie dann den Verein KIK eV für immunkranke Kinder gegründet. Was war der Anlass?

Vocks-Hauck:Eine HIV-Infektion ist mit besonders vielen psychosozialen Schwierigkeiten assoziiert. Es fehlte an Unterstützung und es gab – anders als bei den Erwachsenen – keine Lobby. Aus dieser Notwendigkeit heraus formierte sich eine kleine Gruppe, die es sich zur Aufgabe machte, die Kinder und ihre Familien bei ihren individuellen Problemen zu helfen. Ein stabiles soziales Umfeld fördert die notwendige Adhärenz bei der Therapie.

Wie geht es dem Verein heute? Was sind die Ziele heute?

Vocks-Hauck:Wir sind ein kleiner Verein, der rein ehrenamtlich arbeitet. Schwerpunkte sind die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch der HIV-positiven Kinder und Jugendlichen und ihrer Familien sowie die Bildungs- und Sozialarbeit.

Für Ihr Engagement wurden Sie mit dem Verdienstkreuz ausgezeichnet. Was bedeutet das für Sie?

Vocks-Hauck:Natürlich habe ich mich darüber gefreut und schätze die Ehrung. Eine solche Anerkennung hat jeder verdient, der sich wie ich seit vielen Jahren kontinuierlich und konsequent in einem Bereich engagiert, den andere vielleicht ablehnen. Die ersten Jahre waren schwer, als viele Kinder gestorben sind und auch die frühen Jahre der ART waren eine Herausforderung. Heute ist vieles besser und einfacher, doch mein Interesse hat nicht nachgelassen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Vocks-Hauck:An erster Stelle steht die Heilung. Das ist momentan noch ein Traum. Einfache und langwirksame Therapien stehen an zweiter Stelle und hier sind Fortschritte schon sichtbar. Gerade Kinder und Jugendliche brauchen eine Perspektive. Und nicht zuletzt wünsche ich meinen jungen Patienten weniger Stigmatisierung. HIV ist gerade in diesem Alter ein großes Problem und hier ist deutlich weniger Fortschritt zu sehen als bei den Erwachsenen. Hier bleibt noch viel zu tun.

Vielen Dank für das Gespräch



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