Affenpocken

Am 9. Mai 2022 wurden die ersten acht Fälle von Affenpocken ohne Reiseanamnese in England beschrieben. Nicht einmal 14 Tage später wurden bereits mehr als 100 Fälle überall in der Welt beobachtet, vor allem bei MSM (Stand Mai 2022).

Affenpocken sind eine durch Affenpockenviren verursachte Viruserkrankung, die in West- und Zentralafrika verbreitet ist. Der Erreger ist das Affenpockenvirus (Monkeypox virus, Orthopoxvirus simiae), ein Orthopoxvirus der Gattung Chordopoxviridae. Affenpockenviren sind behüllte Doppelstrang-DNA-Viren.

Transmission

Affenpocken; Negativ-Kontrastierung; Elektronenmikroskopie Quelle: Andrea Männel 2001/RKI
Affenpocken; Negativ-Kontrastierung; Elektronenmikroskopie
Quelle: Andrea Männel 2001/RKI

Reservoir-Tiere in afrikanischen Endemiegebieten sind vor allem Nagetiere. Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind dem aktuellen Wissensstand nach durch engen Körperkontakt möglich, durch Körperflüssigkeiten, durch Kontakt mit den typischen Pockenläsionen (durch Flüssigkeit aus den Pockenbläschen, offenen Läsionen oder Krusten). Auch durch kontaminierte Gegenstände wie Kleidung, Bettwäsche, Essgeschirr usw. kann das Virus übertragen werden.

Eine Übertragung in der Inkubationszeit (z.B. bei allgemeinen Infektzeichen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen) ist möglich bei „Face-to-Face-Kontakt“ durch ausgeschiedene Atemwegssekrete. Eine Übertragung durch Aerosole wie bei SARS-CoV-2 ist unwahrscheinlich. Ob eine Übertragung durch Sperma bzw. Vaginalsekret möglich ist, ist derzeit unklar. Eintrittspforte für das Virus sind Schleimhäute sowie Hautverletzungen. Unklar ist ferner, ob sich heimische Tiere mit Affenpocken infizieren können und ob eine Re-Transmission auf den Menschen möglich ist.

Diagnostik

Das Affenpockenvirus gehört in Deutschland zur Risikogruppe 3, d.h. der Umgang mit vermehrungsfähigem Virus ist derzeit nur in Laboren ab der Biologischen Schutzstufe 3 möglich (z.B. im Konsiliarlabor für Pockenviren des RKI). Der Virusnachweis erfolgt per PCR aus nässenden Hautveränderungen, Bläschenflüssigkeit, Pustelinhalt, Krusten oder auch Abstrichen von Hautveränderungen und weiterem Probenmaterial während der akuten Krankheitsphase. Die Virusanzucht oder der Nachweis von Viruspartikeln und sogenannten Einschlusskörperchen ist elektronenmikroskopisch möglich. Auf eine entsprechende Verpackung ist beim Versand der Probe zu achten.

Der serologische Nachweis von Affenpockenvirus-spezifischen Antikörpern ist nicht ohne weiteres möglich, da die Orthopockenviren eine hohe Kreuzreaktivität aufweisen. Der Antikörpernachweis kann jedoch bei fehlendem Direktnachweis des Virus hilfreich sein.

Verlauf

Ambulante Versorgung/Arztpraxis

Die präventiven Maßnahmen in der Praxis laut RKI beruhen auf folgenden Prinzipien:

  • Organisatorische Aspekte der Lenkung von Patienten mit Verdacht auf eine Infektion mit Affenpocken vor Besuch der Praxis bzw. innerhalb der Praxis.
  • Distanzierung von Patienten bei entsprechendem Verdacht (Unterbringung in einem separaten Bereich, mit wischdesinfizierbaren Oberflächen, Versorgung des Verdachtsfalles mit MNS).

Bei diesem Erreger ist besonders zu beachten, dass Partikel des Affenpockenvirus eingebettet in Sekreten bzw. getrocknet an Hautschuppen bzw. Schorfpartikeln für längere Zeiträume infektiös sein können, was eine sorgfältige und umfassende Reinigung und Desinfektion der Patientenumgebung bzw. der Oberflächen notwendig macht.

Die Inkubationszeit beträgt 5-21 Tage. Erste Symptome sind Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie geschwollene Lymphknoten. Einige Tage später entwickeln sich die typischen Hauteffloreszenzen, welche simultan die Stadien Macula, Papula, Vesicula und Pustula durchlaufen und letztlich verkrusten und abfallen. Der Ausschlag konzentriert sich in der Regel auf Gesicht, Handflächen und Fußsohlen. Haut- und Schleimhautveränderungen können auch auf Mund, Genitalien und Augen betreffen. Es wurde auch ein Beginn der Effloreszenzen im Urogenital- und Anal-Bereich beschrieben.

Die Symptome halten in der Regel zwischen zwei und vier Wochen an und verschwinden ohne Behandlung von selbst. Zu den Komplikationen, die in endemischen Ländern beobachtet wurden, gehören Hirnentzündung, bakterielle Hautinfektionen, Flüssigkeitsverlust, Bindehaut-, Hornhaut- und Lungenentzündung. Krankheitsfolgen können Narben und bleibende Hornhautschäden/Erblindung sein.

Über Verläufe bei immungeschwächten Patienten liegen nur wenige Informationen vor. Beim Ausbruch in Nigeria (2017) hatten Menschen mit HIV einen schwereren Krankheitsverlauf mit mehr Hautläsionen und damit verbundenen Genitalgeschwüren.

Behandlung

Die meisten Menschen erholen sich von allein innerhalb von einigen Wochen und brauchen keine Krankenhausbehandlung. Sie sollten sich zu Hause in Quarantäne begeben. Eine mögliche Therapieoption, z.B. für immungeschwächte Menschen, ist Tecovirimat, das aber nicht breit verfügbar ist. Tecovirimat wurde als Gegenmittel für Pockenviren entwickelt, um auf einen eventuellen Einsatz dieses Erregers als biologischer Kampfstoff vorbereitet zu sein. In den USA sind zwei Millionen Dosen in den nationalen strategischen Vorräten vorhanden. Im Januar 2022 erfolgte die Zulassung in der EU zur Behandlung von Pocken, Affenpocken und Kuhpocken. Tecovirimat ist derzeit nicht im Handel erhältlich. Die STAKOB (Ständiger Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger) steht zur Beratung zur Verfügung.

Quarantäne

Die Quarantänedauer wurde aktuell auf 21 Tage festgelegt. Infizierte sollten jede Art von engem Kontakt, auch geschützten sexuellen Kontakt, mit anderen Menschen vermeiden, bis der Ausschlag abgeklungen ist und der letzte Schorf abgefallen ist. Wenn die Betroffenen mit anderen Personen zusammenleben, sollten sie, solange sie den Ausschlag haben, möglichst in einem Zimmer bleiben, idealerweise mit Zugang zu einem eigenen Badezimmer. Bettzeug und Haushaltsgegenstände sollten nicht mit anderen Personen geteilt werden. Das Affenpockenvirus ist in der Lage, über lange Zeiträume (Tage bis Monate) auf Oberflächen oder Stoffen zu überleben.

Kontaktpersonen

Nach einem engen Kontakt mit infizierten Person, sollte laut RKI das lokale Gesundheitsamt kontaktiert werden (https://tools.rki.de/plztool/). Bei Symptomen sollte der Kontakt zu anderen Menschen direkt vermieden. Bei geplanten Besuchen von Hausarzt oder HIV-Schwerpunktpraxis sollte man vorab telefonisch den Kontakt/Verdacht auf Affenpocken mitteilen bzw. die Praxis sofort bei Eintreffen über den Verdacht in Kenntnis setzen.

Impfung

Die Pocken wurden 1980 offiziell als ausgerottet erklärt, wobei der letzte bekannte Fall der Erkrankung 1977 auftrat. Menschen, die noch gegen Pocken geimpft sind, haben einen gewissen Schutz gegen Affenpocken. Das Gesundheitsministerium hat bereits vorsorglich 40.000 Dosen eines Impfstoffs gegen Affenpocken bestellt. Imvanex® ist ein Impfstoff, der in den USA zugelassen ist um Schutz gegen Pocken bei Erwachsenen. Er enthält eine lebende modifizierte Form des Vacciniavirus, das mit dem Pockenvirus verwandt ist. Personen, die zuvor nicht gegen Pocken geimpft wurden, sollten zwei Dosen erhalten, im Abstand von frühestens 28 Tagen. Wann eine Auffrischungsimpfung bei Personen, die in der Vergangenheit gegen Pocken geimpft wurden, als notwendig erachtet wird, ist derzeit unklar.


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