Deutsche AIDS-Stiftung
dtAidsStiff_logo.jpg„Erst wenn alle HIV-Infizierten Medikamente erhalten, können wir zufrieden sein“

Die Deutsche AIDS-Stiftung fördert seit 2005 das DREAM-Programm in Mosambik mit bisher 2,3 Mio. Euro. Das Programm ist in zehn afrikanischen Ländern tätig und behandelt zurzeit 290.000 Patienten. Dr. Noorjehan A. Majid ist ärztliche Leiterin des Programms in Mosambik.

Dr. Majid (links) war zusammen mit Projektkoordinator  Dr. Dieter Wenderlein (rechts) im März 2015 zu Besuch  bei Dr. Ulrich Heide in der Deutschen AIDS-Stiftung
Dr. Majid (links) war zusammen mit Projektkoordinator Dr. Dieter Wenderlein (rechts) im März 2015 zu Besuch bei Dr. Ulrich Heide in der Deutschen AIDS-Stiftung

Frau Dr. Majid, warum engagieren Sie sich im Kampf gegen AIDS?

Es gibt viele Motivationen. Das wichtigste ist zu verhindern, dass es eine nächste Generation mit HIV/AIDS gibt. Wir arbeiten gegen die Mutter-Kind-Übertragung des HI-Virus von der Schwangeren auf das Baby. Wenn ein Kind von einer HIV-positiven Mutter 18 Monate nach der Geburt negativ auf HIV getestet wird, steht endgültig fest, dass die Mutter ihr Kind nicht infiziert hat und dass unsere Arbeit erfolgreich war. So sind bei DREAM bereits über 28.000 Kinder ohne das Virus zur Welt gekommen. Es gibt so unglaublich viele AIDS-Waisen in Afrika. Auch in Mosambik – wir wollen weitere Fami-lientragödien verhindern.

Wie kamen Sie zu DREAM?

1999 fing ich nach meinem Hochschulabschluss an, im Tuberkulose-Krankenhaus zu arbeiten. Dort wurde ich täglich mit dem Tod konfrontiert. Es war fürchterlich. Als 2002 Sant’Egidio DREAM bei uns startete, hatten wir keine Erfahrungen mit der antiretroviralen Therapie. Damals dachte ich mir, dass ich es wenigstens versuchen kann und damit Leben retten kann. Wenn man so viele Menschen verliert, kommen Selbstzweifel auf; bin ich vielleicht ein schlechter Arzt? Auch heute, obwohl 98% der im Programm geborenen Kinder HIV-negativ zur Welt kommen, bin ich nicht stolz auf meine Arbeit. Das bin ich erst bei 100%. AIDS ist heute kein Todesurteil mehr. Niemand müsste daran sterben, weil es Medikamente gibt. Jedoch nicht jeder hat dazu Zugang. Erst wenn alle HIV-Infizierten Medikamente erhalten und sich niemand mehr ansteckt, können wir zufrieden sein.

Wie wird DREAM finanziert?

Durch Spenden und Regierungen. Beispielsweise investiert die deutsche Entwicklungshilfe in den Aufbau der
Gesundheitszentren. Aber sie müssen nicht nur gebaut, sondern auch betrieben werden. Die Deutsche AIDS-Stiftung gibt jedes Jahr mehr als 300 000 Euro allein für die Zentren in Mosambik, durch die vor allem laufende Kosten gedeckt werden. Ohne diese Spende hätten wir große Probleme. Ein Patient kostet jedes Jahr etwa 500 bis 600 Euro.

Eine der Säulen bei DREAM bilden die Ehrenamtler (Activistas). Warum?

Die Activistas stehen den Menschen in ihrem Kampf gegen die Krankheit zur Seite. Ihre Hauptaufgabe liegt darin, den Patienten zu helfen. Sie gehen zu den Menschen, die zu krank sind, aus eigener Kraft ins Krankenhaus zu kommen. Sie kennen die Patienten sehr gut und können den Ärzten Informationen aus dem sozialen Umfeld der Menschen geben. Das ist wichtig für unsere Arbeit.

Welche Erfahrung bei Ihrer Arbeit hat Sie am meisten beeindruckt?

In meine Sprechstunde kam immer ein kleines Mädchen – sechs, vielleicht sieben Jahre alt – in Begleitung ihrer Mutter. Ich nannte Sie immer „meine Tochter“. Mutter und Tochter waren beide HIV-infiziert. Die Mutter erkrankte schwer und ich begleitete sie bis zu ihrem Tod. Kurz nach dem Tod der Mutter kam Tanja alleine zu mir. Es war kurz vor Weihnachten. Ich fragte sie, wie es ihr geht und sie guckte nur und schwieg. Ich schenkte ihr eine Puppe. Sie gab sie mir zurück, fing an zu weinen und sagte „ich brauche keine Puppe, ich brauche meine Mutter!“. Dieser Moment war sehr bewegend für mich. Ich nahm Tanja in den Arm und weinte mit ihr. Man kann Menschen fast alles geben, aber nicht den Verlust der Mutter ersetzen. Als Arzt erlebt man viele schlimme Geschichten und man muss sehen, dass man Abstand gewinnt. Bei diesem Erlebnis konnte ich die Distanz nicht wahren. Es war mein schrecklichstes.

Your personal DREAM – Ihr Traum für die Zukunft?

Ich habe zwei Träume: 1. 100% Babys ohne HIV. 2. Jeder soll Hilfe erhalten, der Hilfe benötigt. Wir müssen Menschen in dieser Tragödie helfen. Eltern leben ohne Kinder, Kinder leben ohne Eltern. Das ist schrecklich. Das müssen wir ändern. Deshalb arbeite ich bei DREAM.


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