Interview mit Erik Tenberken, Köln
Qualifizierte PrEP-Begleitung ist wichtig!

Herr Tenberken, Sie haben als erster in Deutschland die PrEP bezahlbar gemacht. Was hat Sie zum Projekt „50-Euro-PrEP“ motiviert?

Erik Tenberken, KölnTenberken: Anfang 2016 wurde Truvada® zur PrEP endlich auch in Deutschland zugelassen, aber das Medikament war für diese Indikation einfach zu teuer. Das konnte sich niemand leisten. Die Folge war, dass die Tabletten illegal über das Internet bezogen wurden ohne qualifizierte Beratung und Betreuung. Dabei haben wir in Deutschland ein hervorragendes Netzwerk von HIV-Schwerpunktärzten und HIV-kompetenten Apotheken. Das wollte ich ändern...

Das ist Ihnen auch gelungen. Wie ermöglichen Sie den günstigen Preis?

Tenberken: Durch die individuelle Verblisterung. Die Kölsche Blister GmbH hat lange Jahre Erfahrung in der Verblisterung von Tabletten. Sie kauft beim Pharmahersteller eine Teilmenge des Medikaments zu einem ausgehandelten Preis und verblistert die Tabletten für den individuellen Patienten. Dann ist man – so ist es vom Gesetz vorgesehen – nicht mehr an den Apothekenverkaufspreis gebunden.

Dann kaufen Sie auch günstig beim Hersteller ein?

Tenberken: (lacht) Kommt darauf an, wie man das sieht. Als Laie denkt man, der Hersteller bekommt von der Krankenkasse den Apothekenverkaufspreis. Das ist nicht so. Da werden viele Rabatte abgezogen, so dass mein Einkaufspreis letztendlich in etwa in dem Bereich liegt, den der Hersteller von der Krankenkasse bekommt.

Welche Hersteller haben Sie angesprochen?

Tenberken:Zunächst einmal habe ich gleich nach der Zulassung beim Originalhersteller Gilead Sciences angefragt. Da hatte man kein Interesse. Nachdem im August diesen Jahres nach längerem Patentstreit endlich Generika verfügbar waren, habe ich die drei Hersteller angesprochen, die die Zulassung für die PrEP haben. Meine Vorgabe war, dass die PrEP weniger als im Internet kosten muss. Mit der Firma HEXAL wurden wir uns dann recht rasch einig.

Wie viele Apotheken beteiligen sich an dem Projekt?

Tenberken: Das Interesse der Apotheken ist sehr groß. Leider konnten wir nicht von Anfang an alle Anfragen berücksichtigen, einfach weil nicht genügend Ware sprich Tabletten zur Verfügung standen. Das bedauere ich natürlich sehr und wir bemühen uns so schnell so viele Apotheken wie möglich zu beliefern.

Kann sich jede Apotheke bei Ihnen anmelden?

Tenberken: Die Kölsche Blister konzentriert sich auf HIV-kompetente Apotheken. DAH2KA Mitgliedschaft ist nicht Voraussetzung, sondern die HIV Kompetenz. Die meisten treten aber zusätzlich und freiwillig der DAH2KA bei. Das Ziel ist ja, den PrEP-Anwendern eine qualifizierte Beratung und Betreuung zu bieten und zwar durch Arzt und Apotheker. Die PrEP darf nur von Ärzten/innen verordnet werden, die das vorgeschriebene Schulungsmaterial erhalten haben. Und wir Apotheker/innen müssen auch qualifiziert beraten, schließlich geben wir ein hochwirksames Arzneimittel ab mit spezifischen Neben- und Wechselwirkungen.

Seit Anfang Oktober werden die PrEP-Tabletten ausgeliefert. Wie groß ist die Nachfrage?

Tenberken: Die Nachfrage ist sehr groß, wir haben in den ersten zwei Monaten schon etwa 1.000 Monatspackungen ausgeliefert. Und wir rechnen mit einem weiteren Anstieg, denn viele Anwender haben noch Pillen aus dem Internet, werden aber in Zukunft ihre PrEP vermutlich in Deutschland kaufen.

Kommen Sie mit der Lieferung bei der hohen Nachfrage noch nach?

Tenberken: Wir haben die erste Lieferung von HEXAL fast aufgebraucht und warten auf Nachschub. HEXAL hat wie andere Generikafirmen aufgrund der Planungsunsicherheit wegen des Patentstreits nicht viel auf Vorrat produziert und dieser Vorrat war eben unerwartet schnell weg. Aber die nächste Lieferung in absehbarer Zeit ist versprochen…

Sind noch Patentstreitigkeiten anhängig, die eine Lieferung verzögern könnten?

Tenberken: Nach meinem Kenntnisstand ist der Fall juristisch noch nicht ganz abgeschlossen, aber ich rechne nicht mit Problemen, die zu Verzögerungen führen könnten.

Wie lange ist das Projekt geplant?

Tenberken: Das Projekt beruht auf Verträgen mit dem Hersteller HEXAL. Diese laufen bis Ende nächsten Jahres. Dann sehen wir weiter, aber die Signale für eine Fortsetzung sind positiv.

Nun gibt es auch andere Anbieter einer billigen PrEP...

Tenberken: Richtig, prinzipiell stabilisieren weitere legale Angebote die bezahlbare PrEP.


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