E-Zigarette
Kleineres Übel oder größeres Risiko?

Lungenschäden und Todesfälle durch Vaping in den USA heizen die Diskussion um die E-Zigarette auch in Deutschland an. Den einen gilt sie als weniger schädliche Alternative zur herkömmlichen Zigarette, den anderen als verharmlosende Einstiegsdroge.

Die Zahl der Lungenschäden und Todesfälle, die mit E-Zigaretten in Zusammenhang gebracht werden, ist in den letzten Monaten sprunghaft angestiegen. Die amerikanische CDC (Center for Disease Control) meldete Mitte November 2019 über 2.000 bestätigte Erkrankungsfälle und 47 Todesfälle in 25 amerikanischen Bundesstaaten. Der Name der neuen Vaping-Krankheit: EVALI (E-cigarette, or Vaping, product use Associated Lung Injury).

Problem: E-Joints?

© A. Warpakowski
© A. Warpakowski

Betroffen von der Lungenschädigung sind überwiegend Männer (70%) und jüngere Menschen (77% <35 Jahre, 15% <18 Jahre). Die Patienten leiden an Husten, Atemnot und Brustschmerzen, häufig in Verbindung mit gastrointestinalen Problemen sowie Fieber und Gewichtsverlust. 95% der Betroffenen mussten stationär behandelt, einige mussten beatmet werden. Die fieberhafte Suche nach den Ursachen der Vaping-Krankheit deutete zunächst auf das Verdampfen von THC (Tetrahydrocannabinol)-haltigen Produkten. Mittlerweile ist man einen Schritt weiter. Die CDC fand in allen 29 eingeschickten Bronchiallavage-Proben Vitamin-E-Acetat. Diese Substanz wird häufig zum Strecken von THC-Ölen verwandt. Auf welche Weise Vitamin-E-Acetat die Lunge schädigt ist nicht bekannt ebensowenig ob und welche anderen Faktoren eine Rolle spielen können. Die CDC empfiehlt Cannabisöl-Produkte („E-Joints“) beim Vaping zu meiden – insbesondere solche unbekannter/illegaler Herkunft.

Harm Reduction?

In Deutschland sind bisher keine Fälle von Vaping-Schäden bekannt. Dennoch läuft die Diskussion bereits auf Hochtouren. Auf der 2. Fachtagung „E-Zigaretten und ihre Bedeutung für Rauchentwöhnung“ an der Frankfurt University of Applied Sciences bewerteten insbesondere die Suchtmediziner die E-Zigarette positiv mit dem Argument der Schadensminimierung. E-Zigaretten seien als weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten und ein sinnvolles Mittel zur Rauchentwöhnung. Ferner seien E-Zigaretten nicht mit E-Joints zu vergleichen. Auch Dr. Frank Henkler-Stephani vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sah „keinen Grund“ die Bewertungen hinsichtlich der Schadstoff- und Suchtrisiken von E-Zigaretten zu ändern. Die beschriebenen Lungenschäden seien ein amerikanisches Problem. In der EU gelten deutlich strengere Vorgaben + für die Inhaltsstoffe von E-Flüssigkeiten, wobei allerdings nikotinfreie Liquids weniger strengen Regeln unterliegen als nikotinhaltige Liquids.

Einstiegsdroge?

Gänzlich anderer Meinung sind die Pneumologen. Sie setzen auf Abstinenz und verweisen auf die Risiken der E-Zigarette. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) vor der E-Zigarette als Einstiegsdroge. Die Risiken würden verharmlost, schädliche Inhaltsstoffe wie Propylenglykol, Formaldehyd, Blei und Chrom sowie Nikotin verschwiegen. Die Europäische Respiratory Society wird im neuen Jahr sogar Mitglieder ausschließen, die mit Herstellern von E-Zigaretten zusammenarbeiten. Die alternativen Nikotinprodukte seien ein Versuch, sich an den sinkenden Tabakkonsum und die geringere Toleranz gegen über dem Rauchen anzupassen.

Datenlage

Jede Seite versucht ihre Meinung mit wissenschaftlichen Studien zu belegen. Doch wie so oft, ist die Datenlage nicht eindeutig. Es gibt Studien, die den Nutzen der E-Zigarette bei der Rauchentwöhnung belegen, andere Arbeiten kommen zu einem anderen Ergebnis. Was bleibt, ist der Dauerbrenner im Suchtbereich: Abstinenz versus Harm Reduction.

Aufklärung

Bislang ist in der öffentlichen Wahrnehmung nur die Darstellung der Hersteller präsent: Dampfen ist die harmlose, moderne Alternativ zur Zigarette. Das könnte sich bald ändern. Die pneumologischen Gesellschaften haben sich klar gegen die E-Zigarette ausgesprochen. In den USA, wo das Vaping insbesondere bei Jugendlichen immer beliebter wird, wurde das Dampfen in einigen Regionen verboten. In Deutschland hat sich die Bundesdrogenbeauftragten Daniela Ludwig (CSU) bereits in der Presse für ein Verbot von Außenwerbung für alle Rauchprodukte stark gemacht. In den Leitlinien der Verfechter von Harm Reduction sprich in der Suchtmedizin gibt es dagegen noch keine klare Stellungnahme zu Stellenwert der E-Zigarette in der Raucherentwöhnung.




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