Interview mit Prof. Christoph Stephan, Frankfurt
Nachher ist man immer schlauer

Hessen ist ja im Vergleich zu den Corona-Hotspots Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen ein Corona-Niedrigprävalenzland. Wie war die Situation in Frankfurt?

Prof. Christoph Stephan  Oberarzt  HIV-Center Universitätsklinikum Frankfurt

Prof. Christoph Stephan

Oberarzt

HIV-Center
Universitätsklinikum Frankfurt

Stephan: Die Universitätsklinik Frankfurt ist mittlerweile für ganz Hessen der zentrale COVID-Behandlungsschwerpunkt und wir hatten viele Zuweisungen aus den anderen Häusern, insbesondere auf unsere zentrale Intensivstation, die teilweise vollständig mit beatmeten COVID-Patienten gefüllt war. Insbesondere die Zeit von Ende März bis Mitte April war schon sehr intensiv. Dass eine große Intensivstation eines Uniklinikums ausschließlich mit Patientinnen und Patienten mit nur einem Krankheitsbild gefüllt ist – das habe ich so noch nicht erlebt.

Waren Sie denn gut vorbereitet?

Stephan: Wir waren sehr gut vorbereitet. Eine interdisziplinäre Task Force mit maßgeblicher Beteiligung von uns Infektiologen hatte Pläne entworfen, die auch rasch umgesetzt wurden. Das ganze Haupthaus wurde zum COVID-Bereich umgestaltet, was dann glücklicherweise doch nicht ganz belegt war, aber nachher ist man ja immer schlauer. Mittlerweile strukturieren wir wieder um, aber es gibt noch immer COVID-Stationen für infizierte Patienten.

Gab es Engpässe beim Material?

Stephan: Wie überall in Deutschland, waren bei uns Teile der Schutzausrüstung knapp, aber auch dafür gab es ein gutes Hygiene-Konzept, so dass bei der Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Kompromisse gemacht werden mussten.

Kurz vor Betreten des Isolationszimmers hat Prof. Christoph Stephan die ‚persönliche Schutzausrüstung‘ angelegt – Kopfhaube, Schutzbrille, FFP3-Maske, Kittel und blaue Nitrilhandschuhe. Ein zweites Paar Latexhandschuhe wird Patienten-bezogen im Behandlungszimmer noch darüber angezogen.
Kurz vor Betreten des Isolationszimmers hat Prof. Christoph Stephan die ‚persönliche Schutzausrüstung‘ angelegt – Kopfhaube, Schutzbrille, FFP3-Maske, Kittel und blaue Nitrilhandschuhe. Ein zweites Paar Latexhandschuhe wird Patienten-bezogen im Behandlungszimmer noch darüber angezogen.

... und Infektionen beim Personal?

Stephan: Es gab auch ein betriebsmedizinisches Konzept für die Testung, doch nosokominale Infektionen haben wir – soweit ich weiß – nicht beobachtet. Allerdings gab es ein paar positiv getestete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – wie das bei der großen Anzahl an Beschäftigten zu erwarten war, schließlich kamen die Reisebeschränkungen relativ spät.

Wie waren die Erfahrungen bei den HIV-Patienten?

Stephan: Ich überblicke aus eigener Behandlung drei Patienten mit HIV-Infektion und COVID. Alle haben überlebt, zwei davon waren mild erkrankt – wie der Durchschnitt in Deutschland, die beiden sind antiretroviral gut behandelt und dauerhaft virologisch supprimiert bezüglich HIV.

Der dritte war schwer erkrankt, beatmet und hat es aber letztendlich auch gut überlebt. Vielleicht bezeichnenderweise war er zuvor mäßig adhärent an seine antiretrovirale Therapie und sein HIV nicht supprimiert.

Allerdings glaube ich nicht an eine besondere Bedrohung von COVID-19 für gut kontrolliert behandelte Patientinnen und Patienten, die mit HIV leben. Tatsächlich interessant finde ich jüngste Befunde, nach denen höhere CD8-Zellzahlen einen protektiven Effekt auf die Infektion mit SARS-CoV-2 ausüben. Wir beobachten ja oft bei Behandelten das „aktivierte Immunsystem“ und viele berichten, dass um sie herum in der Grippe-Saison „alle krank werden“ – nur sie selbst nicht. Warum könnte also das „aktivierte Immunsystem“ nicht auch COVID-19 abmildern helfen?

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