Interview mit Dr. Martin Karwat, München
Angst ist ein schlechter Ratgeber

Sie sind niedergelassener HIV-Schwerpunktarzt und Hausarzt. Wann ging es für Sie los mit Corona in der Praxis?

Dr. Martin Karwat   Infektiologe DGI Hausarzt mit HIV-Schwerpunkt München

Dr. Martin Karwat

Infektiologe DGI

Hausarzt mit HIV-Schwerpunkt

München

Karwat: Natürlich hatte ich von Corona gehört, von Wuhan und den Webasto-Mitarbeitern in München. Aber erst als dann die Berichte aus Bergamo kamen, war mir klar, das kommt auch hier zu uns und letztendlich auch zu mir in die Praxis. Da hab ich begonnen, mich darauf vorzubereiten…

Wie haben Sie sich denn vorbereitet?

Karwat: Als erstes haben wir zwei Wartezimmer eingerichtet, eines speziell für Patienten mit Erkältungsbeschwerden. Dann haben wir ein Schild aufgehängt, dass Patienten mit Infektionszeichen nicht direkt in die Praxis kommen, sondern erst mal anrufen sollen. Und dann kamen viele Patienten, die einen Corona-Abstrich wollten.

Haben Sie Corona-Abstriche in der Praxis gemacht?

Karwat: Ja. Ab 11.30 Uhr habe ich in unserem Innenhof Corona-Sprechstunde gemacht. Ich habe einen Fragebogen entworfen und wenn der Verdacht auf eine Infektion bestand, habe ich einen Abstrich gemacht. Patienten mit dringendem Verdacht AUF COVID-19 haben wir gleich ans Gesundheitsamt gemeldet. Insgesamt habe ich über 100 Abstriche gemacht, etwa 15 davon waren positiv. Ich hatte nur einen Patienten mit hohem Risiko, im Alter von 78 Jahren. Ich war mit diesem in täglichem telefonischen Kontakt. Selbst bei Ihm verlief die Infektion mild.

Gab es keine Probleme mit der Laborkapazität?


Corona-Abstriche

Karwat: Von Seiten des Labors gab es keine Probleme. Unser Labor hat den Test schon sehr früh angeboten und die Kapazität rasch hochgefahren. Meist haben wird das Ergebnis noch am selben Abend bekommen, spätestens am nächsten Morgen.

Hatten Sie denn damals gleich eine Schutzausrüstung?

Karwat: Als ich von dem Ausbruch in Südtirol las, habe ich mir gleich 20 FFP3-Masken und ein paar Schutzanzüge besorgt. Das war auch gut, denn kurz danach war alles ausverkauft. Ich musste mein Material mehrfach verwenden, das heißt ich habe die Masken einen Tag hängen lassen und dann wieder benutzt.

Wie hat Ihr Personal reagiert?

Karwat:Wichtig ist eine gute Aufklärung. Ich habe gleich zu Beginn das Personal aufgeklärt und geschult, alle haben gut mitgemacht. Bei der Corona-Sprechstunde war immer auch eine Helferin mit dabei, natürlich auch in entsprechender Schutzkleidung.

Viele Praxen hatten während Corona ja einen deutlichen Rückgang der Patientenzahlen. Wie war das in Ihrer Praxis?

Karwat: Während des Lockdown hatten wir nur etwa halb so viele Patientenkontakte wie üblich. Videosprechstunde haben wir nicht gemacht. Ob die 100 Corona-Abstriche den Rückgang auffangen, kann ich jetzt noch nicht absehen.

Nicht jeder niedergelassene Arzt hat Corona-Abstriche gemacht. Wie war das Feedback Ihrer Kollegen?

Karwat: Das Thema hat mich von Anfang an sehr interessiert. Ich habe die wissenschaftliche Literatur verfolgt, die täglichen Podcasts von Drosten gehört und Informationen gesammelt. Das Thema hat natürlich auch die Kollegen beschäftigt, daher habe ich Online-Videokonferenzen organisiert im Rahmen der Qualitätszirkel der Hausärzte und HIV-Schwerpunktärzte. Dabei hat sich viel Unsicherheit gezeigt, alles war neu und im Fluss. Doch Angst ist ein schlechter Ratgeber und da half der Austausch von Erkenntnissen und Erfahrungen sehr gut.

Ausgabe 2 - 2020Back

DAIG LogoDGI LogoDSTIG LogoPEG Logo

Meldungen

  • Herpes-simplex- und Zosterviren

    25. November 2025: Konsiliarlabor bleibt in Freiburg weiter

  • HPV-Impfung

    25. November 2025: Cochrane Reviews bestätigen Wirksamkeit und Sicherheit weiter

  • Malaria

    25. November 2025: Plasmodien bewegen sich auf rechtshändigen Spiralen weiter

  • Lassa-Fieber

    24. November 2025: Erster Impfstoff weckt Hoffnung weiter

  • Gonorrhoe

    24. November 2025: Weltweit zunehmende Resistenz weiter

  • Newletter online

    Jeden Monat akutelle Informationen rund ums Thema HIV und sexuell übertragbare Erkrankungen.

    Für Ärzt_innen, Menschen mit HIV und alle Interessierten.

    Anmeldung hier

  • Influenza

    24. November 2025: mRNA-Impfstoff überlegen weiter

  • Antimikrobielle Resistenz

    21. November 2025: Ibuprofen und Paracetamol begünstigen Resistenzentwicklung weiter

  • Harnwegsinfekt

    20. November 2025: Auch bei Nierentransplantierten: Keine Antibiotika bei asymptomatischer Bakteriurie weiter

  • HIV in Deutschland

    20. November 2025: Nicht weniger, sondern mehr Neuinfektionen weiter

  • Influenza

    20. November 2025: Grippe-Saison startet früher als bisher weiter

  • Endoskopie

    19. November 2025: „Bakterien-Pillen“ könnten Koloskopie ersetzen weiter

  • Antimikrobielle Resistenz

    19. November 2025: Europäisches AMR Portal gestartet weiter

  • and more

    19. November 2025: Frauen ziehen wissenschaftliche Arbeiten seltener zurück weiter

  • Tuberkulose

    19. November 2025: Neue Kombination mit Sorfequilin könnte TB-Therapie verkürzen weiter

  • Poliomyelitis

    14. November 2025: Wildtyp-Polio im Abwasser in Hamburg weiter

Ältere Meldungen weiter

Diese Website bietet aktuelle Informationen zu HIV/Aids sowie zur HIV/HCV-Koinfektion. Im Mittelpunkt stehen HIV-Test, Symptome und Auswirkungen der HIV-Infektion, Behandlung der HIV-Infektion, HIV-Medikamente mit Nebenwirkungen und Komplikationen, Aids, Hepatitis B und C. Ein Verzeichnis der Ärzte mit Schwerpunkt HIV ergänzt das Angebot.