Interview mit Prof. Thomas Glück, Trostberg
Kleine Häuser können rasch und flexibel reagieren

Bayern und Oberbayern war ja ein Hotspot der Corona-Krise. Wie haben Sie das erlebt?

Prof. Thomas Glück Chefarzt Kreisklinik Trostberg


Prof. Thomas Glück

Chefarzt

Kreisklinik Trostberg

Glück: In Trostberg waren wir hier sozusagen von Anfang an mit dabei. Wir hatten aus der ersten Infektionswelle in Deutschland einen der Webasto-Mitarbeiter und seine Familie in Betreuung. Nachdem wir diese erfolgreich behandelt haben und entlassen konnten, und dann erstmal keine neuen Fälle kamen, dachten wir, so das war‘s. Aber als dann die Berichte aus Italien und Österreich kamen, wurde klar, hier kommt doch noch eine große Welle auf uns zu.

…und Sie haben sich darauf vorbereitet?

Glück: Ja, wir haben das Haus räumlich umstrukturiert. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten konnten wir einzelne Einheiten flexibel als COVID-Bereiche abtrennen. Unsere Intensivstation mit acht Betten ließ sich nicht trennen, so dass diese Station komplett für COVID reserviert war. An dieser Stelle muss ich auch unseren Chirurgen ein großes Lob aussprechen. Sie waren von Anfang an auf unserer Seite, haben Operationen vertagt und die Infektionsstationen mitversorgt.

Hat die Kapazität ausgereicht?

Glück: Wir waren durchgehend gut belegt, auch unsere Intensivstation mit acht Betten war komplett ausgelastet. Unser geplantes Intensiv-Backup haben wir erfreulicherweise aber nicht gebraucht, da in der Region genügend reguläre Intensivbetten zur Verfügung standen.

Wie war die Intensiv-Versorgung?

Glück: Die Patienten wurden interdisziplinär versorgt, vorwiegend von den Anästhesisten. Gleich nach dem ersten Patienten mit fulminanter Lungenembolie, wurden alle Intensiv-Patienten prophylaktisch voll antikoaguliert. Vielleicht ist das mit ein Grund für unsere niedrige Letalität von 20% auf der Intensivstation.

Wie war das Risikoprofil der schwer kranken Patienten?

Glück: Wir hatten nicht nur alte Patienten mit den bekannten Risikofaktoren, auch einige jüngere Patienten waren schwer krank. Etliche Patienten konnten wir mit nichtinvasiver Beatmung durchbringen und auch von den älteren COVID-19-Patienten überstanden viele die Beatmung gut. Von den Älteren haben allerdings doch etliche eine intensivmedizinische Behandlung und Beatmung abgelehnt und hatten das auch in der Patientenverfügung klar formuliert. Wir haben das immer sehr intensiv mit Patienten und Angehörigen besprochen. Nicht jeder alte Mensch wollte beatmet werden und einige hatten sogar eine entsprechende Patientenverfügung dabei.

Welche Bedeutung haben kleinere Häuser im ländlichen Raum im Vergleich zu großen Zentren bei einer Epidemie bzw. Pandemie?

Glück: Es hat sich gezeigt, dass kleine Häuser wie wir schneller und flexibler reagieren können, weil – ich sage mal einfach – weniger Masse bewegt werden muss und wir solide Hygiene-Konzepte leichter umsetzen können. Zudem können mehrere kleinere Häuser auch rein zahlmäßig viele Patienten Wohnort-nahe versorgen, d.h. ohne uns kämen die großen Zentren schneller an ihre Kapazitätsgrenzen.


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