Ausgabe 1 - März 2007

Editorial

SALVAGE: ERFOLGE WIE BEI FIRSTLINE
Es herrscht Aufbruchstimmung in der HIV-Medizin. Mit dem CCR5-Antagonisten Maraviroc ebenso wie mit dem Integrasehemmer Raltegravir kamen mehr Pati- enten mit Dreiklassen-Resistenz unter die Nachweisgrenze als je zuvor. Werden die neuen antiretroviralen Substanzklassen zusammen mit potenten aktiven Medikamenten gegeben, lassen sich selbst bei diesen schwer zu behandelnden Patienten Erfolge erzielen wie bei einer Firstlinetherapie. Das Therapieziel einer kompletten Virussuppression bei Multiresistenz ist erreichbar geworden.
 

KONGRESS

14th CROI 25.-28. Februar 2007 in Los Angeles:
Durchbruch bei der Salvage-Therapie

Die 14th Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections (CROI) in Los Angeles bot wie gewohnt ein hohes wissenschaftliches Niveau und eine Fülle von neuen Informationen. Unumstrittenes wissenschaftliches Hightlight war die Präsentation der ersten Ergebnisse der Phase-III-Studien mit dem CCR5-Antagonisten Maraviroc und dem Integrasehemmer Raltegravir. Die politischen Töne waren dagegen in diesem Jahr leiser als in den Jahren zuvor. Der Anteil der Studien aus der dritten Welt, insbesondere aus Afrika, war dafür weiter angestiegen. Was ganz fehlte, war Prominenz aus Film, Politik oder Wirtschaft. Möglicherweise war die parallel zum Eröffnungsabend stattfindende Oscar-Verleihung doch eine zu große Konkurrenz. 

48Th American Society Of Hematology (ASH) Annual Meeting and Exposition, 09. Dezember 2006 in Orlando/Florida
Highlights aus der Hämatologie

Jeden Dezember findet die Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) statt. Im Dezember 2006 kamen knapp 20.000 Teilnehmer. Highlights in diesem Jahr waren die neuen Ergebnisse zur Stammzelltransplantation - auch bei HIV-positiven Patienten - und die neuen Therapieoptionen bei Leukämien. 

Interview mit Prof. Schlomo Staszewski
DÖAK - Anders denken für alle

Der dritte Deutsch-österreichische AIDS-Kongress verspricht viel Neues. Gemäß dem Kongress-Motto "anders denken" wendet sich der Kongress erstmals nicht nur an Ärzte und Community, sondern an alle gesellschaftlichen Kreise von der Wirtschaft und Politik über die Schule bis hin zum einzelnen Menschen - egal, ob positiv oder negativ. Neben dem gewohnten wissenschaftlichen Programm wird es somit erstmals ein breites öffentliches Rahmenprogramm geben.  

KOMMENTAR

ABACAVIR-HSR
Jetzt schon HLA bestimmen?

In verschiedenen kleineren Untersuchungen, insbesondere der australischen Arbeitsgruppe von Simon Mallal, wurde eine Assoziation zwischen dem Vorhandensein des HLA-B*5701-Allels und dem Auftreten einer Abacavir-Hypersensitivitätsreaktion (ABC-HSR) nachgewiesen. Zudem konnte die HSR-Rate in kleineren, unkontrollierten, prospektive Kohorten-analysen deutlich auf 0-0,5% gesenkt werden, wenn nach genetischem Screening nur Patienten mit negativem HLA-B*5701-Status mit ABC behandelt wurden. In englischen und australischen HIV-Schwerpunktzentren wird aufgrund dieser Ergebnisse heute vor einer erstmaligen ABC-Therapie ein entsprechender Gentest durchgeführt.  

FORTBILDUNG

Prof. Jürgen Rockstroh:
Neu im EAP: Integrasehemmer Raltegravir

Die bislang vorliegenden Daten zu dem neuen Integraseinhibitor Raltegravir (früher MK-0518) wecken große Hoffnungen. In den jüngst auf der CROI vorgestellten Studien BENCHMRK 1 und 2 erreichten unter Raltegravir plus erstmals Darunavir oder Enfuvirtid nach 16 Wochen nahezu 90% der schwer zu behandelnden Patienten mit Dreiklassen-Resistenz eine Viruslast unter der Nachweisgrenze - und das bei guter Verträglichkeit. Es wurden aber auch schon erste Resistenzen beschrieben. Wie schnell es dazu kommt, ist noch unklar.  

Prof. Gerd Fätkenheuer:
Neu im EAP: CCR5-Inhibitor Maraviroc

Die erstmals auf der CROI 2007 präsentierten 24-Wochen-Daten der Studien MOTIVATE 1 und 2 belegen die gute Wirksamkeit des neuen CCR5-Hemmers Maraviroc. Im Vergleich zu Placebo erreichten etwa doppelt so viele der stark vorbehandelten Patienten eine Viruslast unter der Nachweisgrenze. Maraviroc wird in Deutschland demnächst im Early Access Program zur Verfügung stehen. 

PD Dr. Christian Hoffmann:
Neu im EAP: NNRTI Etravirin

Für NNRTIs ist es ein steiniger Weg zur Zulassung. Seit Efavirenz 1998 hat es kein NNRTI mehr auf den Markt geschafft, obwohl angesichts zunehmender Resistenzen dringend Bedarf bestünde. Und zwar nicht nur für vorbehandelte Patienten. 2002 wurden bei fast 10% aller Patienten in Europa mit akuter HIV-Infektion NNRTI-Resis-tenzen detektiert (Wensing 2005). Etravirin (ehemals TMC 125) ist der derzeit am weitesten entwickelte neue NNRTI. 

Prof. Hans-Jürgen Stellbrink:
HIV-Infektion und Alter

Bei der HIV-Behandlung muss auch das Lebensalter des Patienten berücksichtigt werden, und zwar bei der Indikation zur Therapie, der Auswahl des Regimes sowie bei Nebenwirkungsmanagement und Komedikation. Einige Untersuchungen sprechen bei älteren Patienten für einen früheren Therapiebeginn. Das "Alter" fängt in diesem Fall schon im 50. Lebensjahr an. Diese Grenze stellt allerdings keinen scharfen biologischen Einschnitt dar, sondern ist eher eine Folge zu geringer Datenmengen in den höheren Altersgruppen.  

Dr. Thomas Sternfeld:
HIV-positive Thailänderin mit Fieber

Schwer kranke HIV-Patienten aus Afrika und Asien stellen eine besondere differential-diagnostische Herausforderung dar. Neben einem breiten Spektrum an HIV-assoziierten Erkrankungen können fortgeschrittene Mangelzustände und Tropenkrankheiten vorliegen. In jedem Fall ist die Kenntnis der Epidemiologie im Herkunftsland sehr hilfreich.  

Dr. Thomas Sternfeld:
Opportunistische Infektion:

Penicillium marneffei

Penicillium marneffei ist ein Pilz, der bei Aids-Patienten in Südostasien zu den wichtigen opportunistischen Erregern zählt. Zur Diagnosestellung ist die kulturelle Isolierung erforderlich. Für die Prognose ist die frühzeitige systemische Gabe von Antimykotika sowie die Immunrekonstitution unter antiretroviraler Therapie entscheidend. 

MITTEILUNGEN

Dr. Hauke Walter, Erlangen
Referenzzentrum für Retroviren - was machen die eigentlich?

Das Nationale Referenzzentrum für Retroviren besteht seit 1996 am Institut für Virologie in Erlangen und ist Teil eines Netzwerks von Referenzzentren und Referenzlabors in der Bundesrepublik, das vom Robert Koch-Institut im direkten Auftrag der Bundesregierung zur Überwachung von Infektionen in Deutschland verwaltet wird.

Das Nationale Referenzzentrum für Retroviren (NRZ) teilt sich mit dem Robert Koch-Institut die wesentlichen epidemiologischen Aufgaben in Hinsicht auf retrovirale Infektionen. Dies umfasst die zentrale Erfassung am RKI von Inzidenz und Prävalenz der HIV-Infektion und die Typisierung der transmittierten Erreger, wie es in nationalen und internationalen Studien zur Erfassung der Übertragung von resistenten HIV seit Jahren erfolgt und jetzt europaweit im EuropeHIVResistance-Program fortgesetzt wird. 

Kompetenznetz Hepatitis
Dr. Heiner Wedemeyer, Hannover

Hepatitis D: Bedeutung von PEG-Interferonen

Die Hepatitis D ist ein weit unterschätztes Problem. Allein in Deutschland geht man von bis zu 30.000 Betroffenen aus. Die meisten dieser Patienten sind Migranten aus Südosteuropa, der Türkei, aus Südamerika und Zentralafrika. Erste Studien zum Einsatz von peglyierten Interferonen führten zu einer HDV-Ausheilung bei ca. einem Viertel der Patienten. Die Therapie der Hepatitis B bei diesen Patienten folgt den üblichen Indikationen. 

DGS
Dr. Jörg Gölz, Berlin

Heroin und kein Ende

Die politische Debatte um die Substitution mit Heroin ist noch nicht abgeschlossen. Ein spannender zweiter Durchgang beginnt im Augenblick.  

Deutsche AIDS-Hilfe
Matthias Kuske

Modellprojekt für innovative Prävention im Internet gestartet

Am 1. Februar 2007 starteten die Aidshilfen und Präventionsprojekte in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein Modellprojekt Internetprävention für Schwule, Bi-sexuelle und MSM in Kooperation mit dem größten Internetkontaktportal für Schwule im deutsch-sprachigen Raum www.gayromeo.com. Nutzer der Plattform haben jetzt auch im Internet die Möglichkeit, sich bei erfahrenen Präventionsmitarbeitern online und vor Ort über HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten und schwulem Leben zu informieren. Getragen wird dieses Projekt der Internetprävention von Vertretern verschiedener Präventionsprojekte in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter Federführung der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. Die Einigung auf für den deutschsprachigen Raum allgemein-gültige Qualitätskriterien und Arbeitsansätze war eine wichtige Voraussetzung für die Kooperation mit Gayromeo.  

Deutsche AIDS-Hilfe
Neue Anreize in der Arbeit mit Drogengebrauchern

Mit einem innovativen Projekt versucht die Deutsche AIDS-Hilfe seit Beginn des Jahres das Bewusstsein für das Thema HIV/Aids und Hepatitis bei Drogen gebrauchenden Menschen zu stärken und die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Klienten zu unterstützen. 

DAGNÄ
Fortbildung, Praxismanagement und Wissenschaft

Die DAGNÄ hat viele Aufgaben und ist daher in vielen Bereichen aktiv. Es wurden eine neue Internet-Plattform mit der Möglichkeit zur zertifizierten Fortbildung geschaffen und zwei Umfragen durchgeführt, um die niedergelassenen HIV-Schwerpunktärzte im Hinblick auf das obligate Qualitätsmanagement und den Bundesmantelvertrag vorwärts zu bringen. Aber auch die Wissenschaft kommt nicht zu kurz. Die Ergebnisse der von der DAGNÄ initiierten Studie zur Therapie der akuten HIV-Infektion wurden kürzlich auf der CROI in Los Angeles als Late Breaker präsentiert.  

Robert Koch-Institut
STD-SENTINEL: Die Rolle von Migration und Prostitution bei STDs

Ende des Jahres 2002 wurde ein bundesweites Sentinel-System zu STDs aufgebaut2, 3, um die epidemiologische Situation der STDs in Deutschland besser einzuschätzen. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die im Rahmen des STD-Sentinels erhobenen STDs im Zeitraum von Januar 2003 bis September 2006, mit besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse bezüglich STD-Patient/innen mit Migrationshintergrund oder Ausübung von Prostitution. Prostitution. 

Meldungen

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