HIV: Die alternativlosen Fakten

„Alternative Fakten“ sind, zumindest in den USA, hochaktuell. Doch nennen wir sie einfach mal beim Namen: Es sind schlicht und einfach Lügen. Deshalb ist es mal wieder an der Zeit, die Wahrheit über HIV in einigen wenigen Botschaften zusammenzufassen, die man auch in Diskussionen mit Angehörigen, Freunden und Bekannten übermitteln kann:

  1. Hat man Zugang zu medizinischer Versorgung und HIV-Medikamenten, ist eine HIV-Infektion heute weder ein „Todesurteil“ noch eine schwere Erkrankung. Die meisten Menschen mit HIV können ein normales Leben führen und die Infektion hat keinen Erkrankungswert. Deshalb ist es auch besser, von einer chronischen Infektion zu sprechen.

  2. Die heutige Behandlung besteht für viele Menschen mit HIV in der Einnahme einer einzigen Pille (wenn auch mit mehreren Wirkstoffen) einmal täglich mit wenig oder gar keinen Nebenwirkungen. Die Viruslast der meisten so behandelten Menschen sinkt innerhalb von wenigen Wochen auf Werte unterhalb der Nachweisgrenze; die Viruslast wird „nicht nachweisbar“. Damit sind erfolgreich behandelte Menschen für ihre Umwelt (und natürlich auch ihre Sexualpartner) nicht mehr ansteckend und haben eine gute Chance, ein Leben in Gesundheit mit normaler Lebenserwartung und guter Lebensqualität zu führen.

    Im Bereich HIV gibt es übrigens keine „alternative Medizin“, da es zu den HIV-Medikamenten schlicht keine Alternative gibt. Es gibt einige wenige Menschen, die die HIV-Infektion selbst über lange Zeit kontrollieren können, ohne Medikamente zu nehmen. Doch auch bei den meisten dieser „Elite-Controller“ sind ohne Behandlung negative Auswirkungen der HIV-Infektion zu erwarten. Was sinnvoll sein kann, ist ein komplementärmedizinische Begleitung, z.B. zum Nebenwirkungsmanagement – falls erforderlich.

  3. Menschen mit HIV, deren Viruslast nicht nachweisbar ist, können Sex mit HIV-negativen Partner ohne Kondome zu verwenden, ohne eine Übertragung von HIV zu riskieren und ohne ihre Sexualpraktiken einschränken zu müssen. Bei HIV gilt: „Nicht nachweisbar“ = „Nicht ansteckend“

  4. Die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) ist eine hochwirksame Methode für HIV-negative Menschen, sich vor einer Infektion mit HIV zu schützen. Obwohl sie in den Ländern der EU zugelassen ist, ist die Kostenübernahme in Deutschland noch nicht geklärt. Als derzeitige Möglichkeit gibt es praktisch nur den Import aus Indien über UK oder die Teilnahme an Studien (oder man bringt 800 € pro Monat aus eigener Tasche auf).

  5. HIV betrifft nicht nur schwule Männer und Drogengebraucher. Weltweit gesehen sind inzwischen mehr Frauen mit HIV infiziert als Männer. Männer, die sich selbst als schwul definieren, sind meist zumindest gut aufgeklärt und wissen, wie sich selbst und andere schützen. Ein Problem stellen vielmehr Männer dar, die nach außen hin einen heterosexuellen Lebensstil pflegen oder vorgeben, dabei aber immer wieder Sex mit Männern haben. Diese Gruppe ist nur sehr schwer durch Präventionsbotschaften erreichbar.

  6. Die höchste Gefahr für eine Ansteckung mit HIV geht heute von Menschen aus, die gerade selbst eine frische HIV-Infektion mit hoher Viruslast haben und meist noch nichts von ihrer Infektion wissen. Da sie sich (noch) für HIV-negativ halten, verwenden sie oft keine Kondome oder andere Schutzmaßnahmen.

  7. Als Mensch mit HIV ist man nicht verpflichtet, seine Infektion offenzulegen. Weder beim Arzt, noch beim Arbeitgeber und auch nicht beim Sexualpartner. Allerdings kann es gerade beim Sexualpartner durchaus Sinn machen: Möchte man Sex ohne Kondom, weil HIV nicht mehr nachweisbar ist, so argumentieren einige Gerichte immer noch, dass man den Partner die Wahlmöglichkeit lassen muss, unter diesen Umständen auch auf den Sex zu verzichten. Aber es gibt einen viel einfacheren Grund: Man weiß vorher nie, ob aus dem Sex nicht doch „mehr“ wird und dann ist der Zeitpunkt für eine Offenbarung oft vertan, wenn man seine Infektion anfangs verschweigt.

  8. Menschen mit HIV sieht man ihre Erkrankung nicht an. Dies gilt leider nur für Menschen, die in den letzten Jahren mit einer Behandlung begonnen haben. Menschen, die schon seit vielen Jahren mit einer HIV-Infektion leben und frühere Medikamente oft über einen langen Zeitraum einnehmen mussten, leiden oft auch heute noch unter körperlichen Veränderungen (Lipodystrophie), die sie stigmatisieren und manchmal auch „krank“ aussehen lassen. Glücklicherweise gibt es keine Hinweise, dass die heute verwendeten Medikamente solche Nebenwirkungen haben.

  9. HIV hat nur einen sehr geringen Einfluss auf die Lebenserwartung. Nach allem, was wir heute wissen, haben Menschen, die rechtzeitig mit einer Behandlung gegen HIV beginnen, eine praktisch normale Lebenserwartung. Andere Faktoren, wie Rauchen oder Drogenkonsum, können das Leben viel stärker verkürzen. Alleine die regelmäßigen Besuche decken gesundheitliche Probleme oft früher auf als in der Allgemeinbevölkerung und auch die Prävention, z.B. durch Impfungen, ist bei Menschen mit HIV oft besser.

  10. Menschen mit HIV können Kinder bekommen. Egal ob Mann oder Frau. Ein Mann mit HIV kann, wenn seine Viruslast unter der Nachweisgrenze ist, mit einer Frau kondomlosen Sex haben um ein Kind zu zeugen. Damit gefährdet er weder die Frau noch das zukünftige Kind. Eine Frau mit HIV kann, wenn ihre Viruslast unter der Nachweisgrenze ist, ebenfalls Sex mit einem Mann haben ohne ihn zu gefährden. Wenn die Viruslast in der Schwangerschaft bzw. zum Geburtszeitpunkt unter der Nachweisgrenze liegt, kann auch eine vaginale Geburt erfolgen. Schweizer Ärzte verzichten unter optimalen Bedingungen inzwischen auch auf eine antivirale Prophylaxe beim Neugeborenen. Dennoch erfordert ein Kinderwunsch bei Menschen mit HIV eine intensive Aufklärung und Betreuung durch den Arzt/die Ärztin.

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